Sao Bento | Dschungel

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Der nächste Morgen hielt eine echte Überraschung bereit: Kein Regen mehr und auch der Nebel hatte sich verzogen. Es bot sich ein toller Ausblick auf die Landschaft. Gerade als wir beim Frühstück saßen, wurden wir auch schon wieder abgeholt. Irgendwie machte sich ein ungutes Gefühl breit. Diese Menschen nahmen sich so viel Zeit und investierten Mühe um uns etwas zu bieten und das nur weil jemand mit jemandem verwandt und dann noch jemand über diese Ecke befreundet war. Diesen Menschen jedenfalls schuldeten wir eine Menge Dank für all den Aufwand und die Zeit, sich um uns zu kümmern.

Wir hatten vor, das Stückchen Land nochmal auszukundschaften. Ein aufregender Spaziergang durchs tropische Gelände stand uns bevor. Zunächst machten wir Stopp an der Stelle, wo wir schon 2 Tage zuvor geschaut hatten, aber aufgrund des Nebels nicht allzuviel sehen konnten. Dort bekamen wir einen kleinen Rundgang durch das Anwesen eines Nachbarn geboten. Das hübsche Grundstück hatte einen Teich mit Wasserpumpe, einen Hühnerstall und ein paar kleinere Felder wo Gemüse wuchs. Der schwedisch-stämmige Mann mit einwenig Deutsch-Kenntnissen konnte sich nach eigenen Aussagen komplett selbst versorgen und wohnte in dem kleinen Holzhaus, wo die anderen Anlagen drum herum gebaut waren. Sein Stück Land ließ er von einem engagiert bellenden deutschen Schäferhund bewachen. Weiter unten, nach Abstieg an einem halbwegs befestigten Pfad, gab es einen Bach der hier zu einem kleinen Teich aufgestaut wurde und das Wasser des täglichen Bedarfs über eine Pumpe ins Haus gelang. Im Teich selbst züchtete er mehrere Fische.

Nach einem kleinen Plausch fuhren wir weiter zu einem anderen Nachbarn der direkt an das gesuchte Stück Land angrenzen sollte. Die unglaubliche Hilfsbereitschaft setzte sich dort fort. Der ältere Mann mit deutsch-sprachiger Frau zog auf seinem Land Buchsbäumchen und Palmen. Scheinbar aber nur noch als Hobby oder Nebeneinkommen, denn er erzählte dass der Preis stark verfiel. Er und sein Sohn führten uns durchs wilde Gelände den Hang hinab. Beide in Gummistiefeln, wir uns Turnschuhen oder gar Schlappen. Nach einer Viertelstunde durch einen notdürftig geräumten Urwaldpfad am Hang hinab, erreichten wir eine alte Straße. Diese konnte man nur noch erahnen. Seit Jahrzehnten wurde hier nicht mehr geräumt, Sträucher und Bäume waren sehr dich. Dennoch konnte man die Wegführung noch erkennen.

Die Vegetation hatte sich hier schon sehr viel zurück erobert, an vielen Stellen nagte die Erosion zusätzlich an der damaligen Fahrbahnebene. Asphalt schien hier nie gelegen zu haben und falls es je eine Straße war, war sie nur einspurig, es sei denn, jemand auf der zweiten Spur wäre beim Anblick des Abhangs ein Teufelskerl gewesen. Zweimal kamen wir an ebenen zugängen zu Grundstücken vorbei, die längst zugewachsen waren. Dennoch konnte man die Form einer Rampe noch zweifellos erkennen.

Nach wenigen dutzend Metern entlang der Straße war der Lauf eines Bachs, also auf gesuchtem Grundstück zu vernehmen. Durch die Bäume inmitten wildesten Urwalds konnten wir ihn sogar manchmal sehen und das Wasser schien teilweise parallel zur Straße zu laufen, lag aber unerreichbar 20 Meter unter unserer Position. Etwa 300 Meter liefen wir durch schwieriges Gelände und erreichten einen Punkt, wo man eine etwas freier einsehbare Ebene unter uns sehen konnte. Dort, wo der Bach einen kleinen Knick machte, dort endete unser Marsch. Selbst der Mann der uns führte, wusste nicht so recht wo das gesuchte Stück Land anfing und wo es endet. Wir drehten um und liefen die Straße zurück. Hinter der Stelle wo wir auf die Straße gelangt waren, wurde es streckenweise sehr verwildert. Umgefallene Baumstämme nötigten uns, gebeugt laufen zu müssen. Nach einer Weile aber wurde der Pfad geräumter und die großen Hindernisse blieben aus. Die letzten 150 Meter lief man nur noch über Gras und kleinere Sträucher. Sie mündete in eine Kreuzung, die wir bei der Anfahrt bereits passiert hatten. Unser Dank galt dem alten Mann für seine Zeit, selbstverständlich auch unserem Betreuer und wir führen zurück in die Stadt.

Als wir das Spiel der Holländer noch zuende schauten und anschließend noch in einem Cafe etwas aßen, verabschiedete sich der Tag allmählich. Unser Ausflug nach Sao Bento war eine rundum gelungene Abwechslung mit vielen Eindrücken und Einblicken in die deutsche Parallelgesellschaft, die sich in Brasilien seit der Jahrhundertwende gut hielt. Bei einbrechender Dämmerung verließen wir die Stadt und fuhren nach Joinville. Zum Glück kamen wir kurz vor Feierabend an der Filiale der Mietwagenfirma an und gaben das Auto ab.

Der Reiseplan sah nun die Übernachtung und Fahrt nach Porto Alegre im Überlandbus vor. Wir vertrieben uns einwenig die Zeit am Busbahnhof, bevor eine Durchsage unsere Verbindung zum Einstieg ankündigte.

Also so einen genialen Nachtbus hab ich noch nie gesehen. Die Sitze im unteren Fahrgastbereich ähnelten denen in der Business-Class von Flugzeugen. Den Sitz konnte man sehr, sehr weit nach hinten umlehnen und eine schwenkbare Stütze für die Beine sorgte für eine extrem angenehme Schlafhaltung. In Deutschland sollte man solche Fahrten definitiv einführen, ich würde das Angebot auf jeden Fall annehmen. Sich schlafend und günstig fortzubewegen, sowas haben die Deutschen irgendwie noch nicht raus. Ein Bus, wo man besser als in einem schäbigen Hotel pennt und gleichzeitig ein paar Kilometer macht, dafür muss es doch einen Markt gegenüber Hotels geben..