Category Archives: Transsibirische Eisenbahn

Ein Tagebuch über die Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn im Jahr 2015 von Moskau nach Vladivostok und einen Aufenthalt auf der Baikal-Insel Olchon.

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14. August | Ivolginsk Datsan

Für heute hatten wir uns was feines rausgesucht. Ganz in der Nähe der Stadt sollte es ein Lama-Kloster geben, wo echte buddhistische Mönche rumlaufen und in dem Kloster sollte auch ein Lama in Menschengestalt leben. Also quasi der russiche Dalai Lama.

Außerdem gabs auch zum ersten Mal in diesem Urlaub eine lehrreiche Erfahrung: Die Fahrt mit einem Marschrutka. Das sind so Kleinbusse, die sich Taxis nennen aber trotzdem einen fairen Preis verlangten. Total irre. Wir liefen also zum Lenin-Platz und schauten, wo unsere Linie abfahren sollte. Natürlich fuhren erstmal 20 Taxis anderer Linien hier vor, bevor wir uns dann an die richtige Haltestelle bequemten. Dort ergatterten wir auch gleich zwei Sitzplätze im Kleinbus, Gott sei Dank. Denn an den nächsten Haltestellen stiegen weitere Leute zu, die alle stehen mussten. Den Spaß machte der geizige Fahrer solange mit, bis eine der sitzenden Omas ihm zurief dass seine Nobelkarrosse voll sei und er mal Gas geben mag, damit sie heute noch wo ankommt. Gefordert, getan. Diese Marschrutkas halten an allen offiziellen Bushaltestellen, fahren aber dafür häufiger und sind wahrscheinlich auch nur eher halblegal. An einer staubigen Haltestelle nach 40 minütiger Fahrt stiegen wir mit einigen anderen Fahrgästen um. In einer anderen Linie ging es dann bis direkt vor den Eingang zum Grundstück des Heiligtums.

Sah schonmal sehr fein aus, ein hübscher bunter Zaun hielt hier erstmal farbscheue Menschen gab. Da wir aber damit kein Problem hatten und es außerdem auch keine Kasse am Eingang gab, huschten wir durchs Tor. Auf dem Gelände selbst galt es erstmal einen großen Rundweg zu begehen, wo wir unzählige Gebetsmühlen drehten und die schicken aber eigentlich irgendwie doch immer gleich ausseheden Holzhäuser der Mönche bestaunten. An den Gebetsmühlen bzw. Gebetsmühlengängen gab es kleine Kisten mit Münzschlitzen und auch sonst lag da viel Klimpergeld drum herum. Wir suchten aus den Geldbörsen mal alle Kopejken raus, die wollte ja sonst eh keiner haben und bei Spenden in Klostern zählt ja auch eher der symbolische Wert. Mit weltlicher Währung können die ja nicht viel anfangen. So verteilte ich meine paar Kröten auf dem Gelände, quasi an jedem Mühlengang ein bisschen Edelmetall für Buddha.

Leider war der großte mittlere Tempel zu, sodass wir uns mit den kleineren Gebäuden um diesen herum anfreunden mussten. Dort schlugen wir die angebotenen Waren aus und beschäftigten uns mit der Studie der dortigen Buddha-Schreine. Wäre ja auch schade, wenn die hier schon sowas bauen dass man das nicht speziell zu würdigen weiß. Souvenirs hätte es noch allerhand gegeben, auch draußen vorm Ausgang vom Gelände gabs ein paar Stände: Aber es wäre ja nichts besonderes gewesen wenn man ein Kloster zwecks Abstauben von Souvenirs besucht.

Als Highlight gab es quasi noch einen Ableger von dem Baum zu sehen unter dem Buddha mal lange gesessen hat um später die Erleuchtung zu finden, aber irgendwie hatte ich nicht das Gefühl dass ein Tourist es ihm hier gleichtun sollte. Das Bäumchen stand in einem extra Haus mit extra klimatisiert und pipapo. Draußen vor der großen Scheibe hätte man sich von einem Gelehrten dazu was erzählen lassen können. Aber auch hier hab ich im Nachgang irgendwie die Befürchtung dass das zu erwartende Trinkgeld vom Schwierigkeitsgrad der Fremdsprache abhängig gewesen wäre. Im hauseigenen Café gabs noch zwei leckere Buusa fürn Bauch und dann rollte unser Kleinbus auch schonwieder zurück. Auf der längeren Strecke hatten wir diesmal kein Glück und bekamen nur noch einen Stehplatz ab.

Zu Abend essen wollten wir in das im Reiseführer beschrieben Jurten-Restaurant Bataarai Urgoo einkehren. Die entsprechende Haltestelle unserer Marschroutka #37 war fix ausgemacht, aber irgendwie stand da nirgends wie die Station heißt. Stand einfach nicht im Reiseführer. In bestem Russich fragte ich also die burjatische Mitfahrerin zu meiner Rechten um Hilfe. Nach ersten Verständigungsschwierigkeiten bezüglich der Aussprache von Batttaaaaaaraii Urgoooooooooo und busweitem Gelächter waren wir immernoch genauso schlau wie vorher. Aber anscheinend wussten es die anderen Mitfahrer und sagten an jeder Station “dalsche”.. weiter weiter, immer weiter.

Nach einem Klaps auf die Schulter stiegen wir dann aus und fanden den Eingang zu unserer Futterjurte. War doch ein Kinderspiel. Auch dass die Pforte verschlossen war, hinderte uns nicht daran, den Eingang durch das benachbarte Hotel zu suchen. Ein freundlicher Plausch dort und sie wies uns durch zum Eingang fürs Restaurant. Wir waren wohl etwas früh dran oder vielleicht war hier grundsätzlich nicht viel los. Auf jeden Fall konnten wir uns die besten Plätze raussuchen und bestellten was zu happern. Der Innenraum der Jurte war ziemlich hübsch eingerichtet und auf dem Fernseher an der Wand lief irgend ein Dschingis-Khan-Film mit schlechten chinesischen Schauspielern, wo natürlich die doppelte drübergelegte russische Tonspur nicht fehlen durfte.

Im Vergleich zum Fernsehvergnügen war das Essen eigentlich eine relativ große Enttäuschung. Mittelmäßig durchgebratene Piroggen, Pommes wo die Kartoffels auch noch nicht lang genug in der Bratröhre lagen – keineswegs vergleichbar mit der Jurte von gestern. Dafür war der Nachtisch für meine Reisebegleitung sehr lecker und während sich das Restaurant immer mehr füllte und uns auch langsam die Großfamilie vom Nachbartisch immer mehr auf die Pelle rückte, mussten wir der freundlichen Bedienung auf die Frage nach der nächsten Bestellung leider absagen und die Rechnung ordern. Im Gegensatz zum Futter war der Betrag natürlich erstklassig. Typische Touristenfalle, besten Dank an zwei Reiseführertipps. Zurück in die Stadt waren im Kleinbus die besten Plätze noch zu haben und für läppische 17 Rubel fuhren wir bis fast vor die Haustür vom Hotel.

Es galt heute früh schlafen zu gehen, weil der Zug am nächsten Morgen schon kurz nach vier fahren sollte. Bei der Hotelbedienung hatten wir schonmal vorsichtig ein Taxi, also eins vom offiziellen Unternehmen, für die angemessene Zeit bestellt.

Fotos zu dieser Karte
Klosterblicke( #1 )( #2 )( #3 )( #4 )
Häuser-Rundgang( #1 )( #2 )( #3 )
Gebetsmühlen( #1 )( #2 )
Tor
Bataaray Urgoo( #1 )( #2 )

13. August | Ulan Ude

Nach Tagen ohne, hatten wir nun mal wieder eine Unterkunft mit Frühstück. Ist ja auch bisher die mit der höchsten Tagesrate an Übernachtungskosten. Dafür aber gabs Kascha und Joghurt.

Anschließend gabs einen längeren Spaziergang durch die Stadt. Aus Erzählungen und dem was der Reiseführer hergab, war hier eh nicht viel zu erwarten außer dem überdimensionalen Lenin-Kopf aus Stein. Da unser Hotel sehr zentral lag, orientierten wir uns an dem auf allen Stadtplänen ausgewiesenen grünen Pfad, der zufälligerweise genau unsere Straße kreuzte. Es ging also geradewegs hinein in die City, vorbei am Stadtgründungsbogen und nach nur 10 Minuten zu Fuß standen wir auch schon direkt neben dem Theater und hatten besten Blick auf den Uljanow-Schädel. Der Sockel stand mitten auf dem gleichnamigen Platz, mehr war hier erstmal an Sehenswürdigkeiten bis auf ein paar Restaurant und ein paar Gebäude mit Sowjet-Symbolen am Dachsims nicht zu bestaunen. Der Lenin-Platz war dieser Tage zufällig auch der Endpunkt einer Rallye von London bis Ulan-Ude und so machten die heruntergekommenen Kleinwagen mit allerlei Krimskrams auf deren Dächern und vorrangig britischen Kennzeichen auch Sinn.

Unser Spaziergang führte vorbei am Park des Sieges, wo es einen T-34 mit zugehörigem Denkmal zu sehen gab. Direkt gegenüber wurde ich auch bzgl. des Geocaches fündig. Der unterhalb des Denkmals gelegene Teil des Parks war zwar ziemlich grün bemüht worden, aber das direkt am Hang gelegene Gebiet ziemlich verranzt. Da turnten komische Gestalten durchs Gebüsch, wir sparten uns daher einen näheren Blick. Den grünen Pfad weiter in in südlicher Richtung verließen wir zugusten eines hohen Gebäudes, wo es scheinbar ein Dachcafé zu geben schien.

So war es dann auch: Neun Stockwerke mit dem Fahrstuhl und das letzte zu Fuß. Hier gabs einen relativ spannenden Ausblick zu genießen und einige Bedienungen, die sehr krampfhaft bemüht waren durch uns ihre Sprachpraxis in Englisch aufzufrischen. Der Blick über die Stadt offenbarte dann auch die Position des zentralen Markts, wo wir als nächstes einkehrten um eine Übersicht über Angebot und Preise der örtlichen Obst- und Gemüseversorger in Erfahrung zu bringen. In der Markhalle gabs allerlei Fleisch, Fisch und Honig. Draußen, drumherum gabs Gemüse und Früchte.

Nach weiteren 200 Metern waren wir wieder auf dem grünen Pfad angelangt und zwar an der Stelle wo wir ihn begonnen hatten. Ein kleines Nachmittagsnickerchen später wars auch schon abends und wir schauten mal bei dem südlichsten Geocache hier in der Stadt vorbei und wurden nicht schlecht überrascht. Eine wunderschöne Kirche baute sich da vor der Position auf, und positionierte ihren Eingang genau an den Koordinaten wo die Geocache-Dose liegen sollte. Zu finden gab es ihn leider nicht, scheinbar war sie weg oder wir haben ob des videoüberwachten Gebiets nicht intensiv genug geschaut. Auf jeden Fall war die Kirche schonmal einen Blick wert und so hatte sich der kleine Umweg gelohnt.

Abend gegessen wurde in einem Jurten-Restaurant, eigentlich ist es nur ein Imbiß. Aber auch der machte für kleines Geld den Magen voll und lecker wars obendrein. Da werd ich mal nach Rezept von Buusa schauen müssen, wenn ich wieder daheim bin. Eine Beschreibung würde schwer fallen da selbst Pelmeni mit Tortellini zu umschreiben, schon sehr weit hergeholt ist. Weiter am Abend wurden dann nur noch vorausschauende Buchungen im lahmen WiFi des Hauses durchgeführt.

Fotos zu dieser Karte
Innenstadt( #1 )( #2 )
Markt( #1 )( #2 )
Jurtenrestaurant( #1 )( #2 )( #3 )

12. August | Irkutsk -> Ulan Ude

Unser Zug ging um halb neun morgens örtlicher Zeit. Da zum Glück einige Geschäfte im Bahnhof schon geöffnet hatten, versorgten wir uns mit Proviant fürs Frühstück und warteten nach Gleisansage ebendort.

Unser Platzkartenwaggon war heute nur halbvoll, was auch mal ganz angenehm ist. Uns gegenüber saß ein asiatisch aussehender Russe, ansonsten hatten wir das 6er Abteil allein. Am freien Tisch wurde also gefrühstückt, während der Zug am Baikalufer so daher ratterte. Die Fahrt war relativ monoton, wenngleich die Aussicht dafür etwas entschädigte. Der riesige See lag einfach nur so da. Einige Ruderboote waren hier und da auf dem Wasser unterwegs.  Wir überfuhren unzählige Flüsse und Flüsschen, die allesamt dem Baikalsee zuflossen. Die Aussicht zeigte eine immer grüner werdende Landschaft, wieder sehr viele Birkenwälder,
aber auch zunehmende Laubbewaldung.

Ulan-Ude kommte einem bei Ankunft erstmal vor wie eine Industriestadt, so der erste Eindruck von Bahnhof und Umfeld. Viele Güterwaggons auf den Nachbargleisen mit Kohle und Öl. Man merkt hier eindeutig die Kreuzung der Bahnlinien zur Mongolei und China sowie der Transsib-Route. Ein paar Wegminuten vom Bahnhof weg hatte man schon andere Eindrücke gewonnen: Eine Stadt mit postkommunistischem Flair aber auch einigen modernen Neubauten. Wir fanden unser Hotel zentral gelegen in der Fußgängerzone, die mit bunten Blümchen recht hübsch hergerichtet war. Die Luft war hier etwas sauberer als auf Olchon, aber etwas Rauch roch man doch noch.

Zu Abend gab es heute Italienisches Essen in der süßen Trattoria, direkt neben dem Hotel. Eine gemütliche Inneneinrichtung, Knopf zum Rufen der Bedienung und eine schmackhafte Pizza blieben uns hier im Gedächtnis.

Fotos zu dieser Karte
Blick zum See( #1 )( #2 )( #3 )
Landschaft( #1 )( #2 )
Bahnhof von Ulan-Ude( #1 )( #2 )
Hoteleingang( #1 )( #2 )
Tracks auf dieser Karte
Zugfahrt Irkutsk - Ulan-Ude(403.51 km)