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4. August | Novosibirsk -> Irkutsk

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Der Zug kam pünktlich und hielt die planmäßigen etwa 50 Minuten am Bahnsteig. Zeit genug, um unser Abteil zu suchen und schonmal für die Nachtruhe vorzubereiten. Eine korpulente aber unfreundlich drein blickende Bahnbedienstete in roter Uniform reichte uns auch bald nach Abfahrt die ersehnte Bettwäsche.

Wir hatten das Abteil quasi allein für uns. Unser einziger Mitreisender in einem der oberen Betten hatte alles Hab und Gut bei seiner Familie nebenan untergebracht, ansonsten blieb das vierte Bett frei. Nach einer unruhigen Fahrt aufgewacht, rollte der Zug gerade durch die Taiga. Viele Nadelbaumwälder und immer wieder Birken, Birken, Birken. Die Landschaft war hier sehr bergig.

Durch die Zeitverschiebung wachten wir erst Mittags auf, was sich allerdings wie morgens anfühlte. So lehnten wir unwissend das angebotene Mittagessen ab, obwohl dies im Preis inklusive gewesen wäre. Wir hatten ja selbst ausreichend vorgesorgt. Ein insgesamt ereignisloser Tag ging im Zug daher, lesen, schreiben und aus dem Fenster schauen, mehr war heute nicht drin.

Allgemein war die Fahrt in der zweiten Klasse nicht nur aufgrund fehlender Gesellschaft durch andere Bahnreisende eine relative Enttäuschung. Obwohl der Komfort wohl etwas gehoben und beispielsweise die sanitären Anlagen in etwas gepflegterem Zustand waren, so fehlte doch irgendwie etwas. Beim Studium des Reiseführers zeigte sich, dass die Vorzüge der Platzkartenklasse in selbigem dar nicht so recht beleuchtet wurden. Über fehlende Hygiene konnte ich mich dort nicht beschweren, ebensowenig über fehlende Privatsphäre. Wem es zuviel ist, sich gesellschaftlich mit der heimischen Bevölkerung zu arrangieren oder sich auf die Farbe der Unterwäsche schauen zu lassen, für den ist die Fahrt in der zweiten oder gar ersten Klasse (die kenne ich von einer anderen Fahrt) genau das richtige. Wer aber Lust hat, Land und Leute näher kennen zu lernen und sich nicht auf einer gefühlt geführten Reise zu befinden, der ist in der Platzkartenklasse richtig aufgehoben.

Der Zug hatte die gleiche Nummer wie der, der uns zuvor nach Novosibirsk gebracht hatte: Zug 70, von Moskau nach Chita. Auch dieser hielt an vielen Unterwegsbahnhöfen immer mal wieder für wenige Minuten, lediglich an den bedeutenderen Städten wurden längere Aufenthalte von mehr als 25 Minuten fällig. Bei Kranojarsk hatten wir einen längeren Stopp und noch Hoffnung dass bei dem einzig etwas längerem Halt heute auf dem Bahnsteig was verkauft werden würde. Leider Fehlanzeige, keine Omas mit Früchtchen oder Fisch zu erkennen. So naschten wir all unser verbliebenes Essen zu Abend und nächtigten alsbald für die frühe Ankunft in Irkutsk.

Fotos zu dieser Karte
Abfahrt Novosibirsk( #1 )( #2 )( #3 )
Zweite Klasse-Waggon( #1 )( #2 )
Waldlandschaft( #1 )( #2 )
Landschaft( #1 )( #2 )( #3 )( #4 )
Bei Kansk-Yenisejsky( #1 )( #2 )( #3 )
Tracks auf dieser Karte
Zugfahrt Novosibirsk - Irkutsk(1671.63 km)

3. August | Novosibirsk #2

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Ein Tag, einfach so mit nichts vor. Das war heute der (Nicht-)Plan. Zunächst schliefen wir lang aus und dann wurde direkt beim Verlassen erstmal das günstige Hostel gezahlt. Zwei Übernachtungen für zwei Personen für zweitausend Rubel, klingt erstmal viel aber nach aktuellem Kurs sind das gerade mal 7.69€ pro Person und Nacht. Also macht die etwas laute Klimaanlage da auch nichts aus und es gab wenigstens warmes Wasser zum Duschen. Wenn ich nochmal in diese Stadt komme, ist dies hier die erste Adresse wo ich übernachte.

Wir schafften erstmal unser Gepäck in die Aufbewahrung am Bahnhof und futterten was im Bistro dort. Anschließend ging es eine Station mit der Metro zu einem Park wo laut meinem Smartphone der einzige Geocache im Umkreis von 50km zu finden sein sollte. Nachdem er über eine halbe Stunde lang am eindeutigen Objekt nicht zu finden war, rückten wir ab. Schade.

Zum Trost gab es von einem nahegelegenen Obsthändler an der Straße Pfirsische und ne Banane. Schon etwas besser nu. Wir schlenderten noch durch verschiedene Parks. Die Durchquerung des Zentralnyi Park machte besonders Spaß. Das ist eigentlich ein ganz normaler Park, aber an jeder Ecke stehen da irgendwelche Attraktionen, Fahrgeschäfte oder sonstwas. Am Nordende befanden wir und dann auch direkt am Spartak-Stadion, was aufgrund der riesigen Flutlichtanlage nicht zu übersehen war. Zum Glück war dort ein Tor offen, wo ich schnell hindurch und ein paar Schnappschüsse machen konnte.

Weiter ging es die Straße hinaus bis zum Marktgelände. Verschiedene Eingänge zum Markt ließen wir zunächst liegen, bevor wir uns einen breiten Gang aussuchten. Zunächst die Wertsachen nochmal in der Umhängetasche gesichert und hinein ging es ins Vergnügen. Wir liefen durch kleinere Gänge mit unterschiedlichen Waren wie Schuhe und Mützen, bis zu einer Halle in der großflächig Obst zum Verkauf stand. Riesige Melonen, Stände mit Äpfel, Kirschen, Pflaumen, allerlei Nüsse und Gewürze. Durch einen Gang erreichten wir die nächste Halle.  Hier gab es hauptsächlich Fleisch. Jede Menge Fleisch in Form von Wurst, Rinderhälften oder selbst bestimmbaren Größen, die einem dann vor den eigenen Augen per Beil zurecht gehackt werden. In einer weiteren Halle gab es Fisch, ebenfalls in beachtlicher Menge. Selbst lebendige Fische oder Krebse konnte man hier kaufen, Es roch entsprechend. In der letzten größeren Halle wurden wir mit Honig fündig und holten uns eine kleine Packung als Zuckerersatz für den Tee im Zug.

Draußen war direkt schon die Metro-Station, von der wir zum Bahnhof zurück fuhren. Dort haben wir uns an einem nahen Supermarkt mit Essen für die weitere Fahrt eingedeckt und in einem Pelmenaya was zu Abend gegessen. Also Pelmeni können die überall gut, fast wie  meine. Die restliche Zeit vertrieben wir uns im großen Wartesaal des Bahnhofs bei kostenlosem Internet und warteten auf den Zug. Die nächste Strecke nach Irkutsk würden wir ausnahmsweise in der zweiten Klasse (Kupe) fahren.

2. August | Novisibirsk Zoo

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Heute stand der Besuch der örtlichen Tieranstalt auf dem Programm, zu der wir uns zu Fuß bequemten. Unterwegs, knapp unterhalb einer Brücke und in der MItte eines Kreisverkehrs hatte der Kilometerstein 3336 der Transsibirischen Eisenbahn einen eigenen Obelisken, sozusagen ein Denkmal, der um einiges größer und schöner war, als der Asien-Europa-Stein am Kilometer 1777.

Die Straße weiter entlang, lief man nicht mehr weit und kam am Zoo an. Gegenüber an der Straße gab es neben noch einen Eierkuchen als nachträgliches Frühstück für günstiges Geld und weiter ging es direkt zur Kassa. Der Eintritt von 250 Rubel entspricht nicht mehr ganz den Abgaben aus dem Reiseführer, aber hier wollten wir natürlich auch nicht knausern. Das Terrarium direkt links hinter dem Haupteingang zeigte einige Schildkröten, Warane, Krokodile, Schlagen. Leider nicht ganz von der schönen Seite. In dem Becken mit Wasserschildkröten waren eindeutig zu wenig Steine, sodass die meisten Tiere permanent im Wasser unterwegs waren. Einige kleinere Schildkröten zeigten gar keine Eigenbewegung mehr, während andere von Kinderhänden unter Wasser gestupst wurden. Zwei riesige Pythons waren in einer Vitrine untergebracht, wo sie kaum Möglichkeiten hatten sich zu verstecken.

Weiter draußen ging es lustig weiter, wenns eigentlich insgeheim nicht relativ traurig gewesen wäre. Große Modelle von Sauriern sollten dazu einladen, neben einer zusätzlichen Gebühr natürlich, den “Dino Park” anzuschauen. Da die Hoffnung gering war, hier echte Dinos zu sehen, verzichteten wir auf den Eintritt.

Insgesamt aber bot der Zoo eine reiche Auswahl an anschauberer Tiere. Zwei Eisbären, zwei sibierische Tiger mit einem Jungen, auch Geparden und allerlei Kleintiere. Elefanten gab es leider nicht zu sehen, aber dafür neben dem Löwen und Tigern, einen zuchtfalschen “Liger” mit zwei Jungen. Das sah aus wir ein Löwe mit Tigermaserung, lag aber nur faul in der Sonne während sich die kleinen vergnügten. Gibt es wohl so nicht in der Natur, muss ich mal googeln. Als wäre die Größe des üblichen Amur-Tigers noch nicht imposant genug oder die machtvolle Ausstrahlung der Löwen gegenüber. Hmm, scheinbar muss man da noch was größeres und fauleres heranexperimentieren.

In Anschluss gab es nach einer reichen Auswahl von Wölfen noch jede Menge Vögel, allen voran viele Papageiarten zu bestaunen. Wenigstens hatten wir heute ein paar artgerechte Unterbringungen von Tieren gesehen, andere waren dagegen wenig geeignet, während deren Bewohner verhaltensauffällig am Gitter hin und her wanderten.

Zurück zum Bahnhof ging es erneut zu Fuß. Der leichte Regen, der uns seit dem Morgen begleitete, setzte immer mal wieder aus, dann wieder ein oder wirkte sich nur noch als Nieselregen aus. Vom Bahnhof aus wanderten wir die Ulitza Lenina entlang, auf der Suche nach einem der Restaurants die im Reiseführer beschrieben waren. Leider Fehlanzeige. Bis auf einen Irish Pub und der Bierkneipe mit angeschlossenener Brauerei kamen wir an nichts wirklich was vorbei wo man sich bewirten lassen könnte. Erst vorm am Leninplatz kehrten wir im Traktir ein.

Heute war irgendwas komisches in der Stadt los. Laufend sah man Leute in Seemannsuniform mit Mütze und der örtlichen Fahne inkl. richtiger Fahne. Unweit des Lokals standen einige dieser Gestalten und machten Fotos von sich mit den Figuren und dem Theater im Hintergrund während sie irgendwas gröhlten. Wir machten es uns derweil im Restaurant gemütlich. Hier hab es gutes Essen für gar nichtmal großes Geld, insgesamt war es sehr preiswert. Nur die Klimaanlage nervte einwenig, da sie ständigen Zug verursachte aber sonst passte das Ambiente.

Zu guter letzt brachte uns die Metro der Stadt mit einmal Umsteigen zum Bahnhof, von wo wir ins Hostel zurück kehrten. Die Metro hier ist mit 20 Rubel pro Fahrt noch günstiger als Ekaterienburg (23) oder gar Moskau (50), aber bei weitem nicht so tief angelegt. Nur wenige Treppen oder Rolltreppen gehts nach unten und sie fährt auch nicht so häufig. Aber U-Bahn bleibt U-Bahn und immernoch die beste Art, sich innerurban fortzubewegen.