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Ekaterienburg | Frankreich – Peru

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In Ekaterienburg hatten wir 2 Stunden gegenüber der Zeitzone Moskau gut gemacht. Bei der Ankunft hatten wir nur noch knapp 2 Stunden bis zum Anpfiff. Die Gepäckaufbewahrung war schnell gefunden und schon ging es in die Metro zum 1905er Platz. Von da sollte es eigentlich recht fix zum Stadion gehen. Wenn dann mal was voran gehen würde. Shuttles gingen von hier schonmal nicht und eine Marschroutka kam nur im Schneckentempo vorwärts. Der Kontrolleur ignorierte uns dank der FanIDs komplett, trotzdem ging es ab der nächsten Station zu Fuß weiter. Da war auch fast schon die FIFA-Sperrzone des Stadions erreicht, die für das Verkehrschaos verantwortlich war.

Der Marsch um den letzten Häuserblock herum enthüllte nun auch den Blick auf das verunstaltete Stadion. Das eigentlich recht nette Rund, eine Arena auf dem Sockel eines älteren Stadions wurde auf beiden Hintertorseiten von extrem hässlischen Stahlrohrtribünen optisch vergewaltigt. Auf den Seiten waren auch die Außenverblendungen entfernt worden. Die fügte dem Stadion nochmals eine unanschauliche Perversion zu, die man von der FIFA bisher nur aus Sao Paulo kannte. Scheinbar war es irgendwem sehr wichtig, dass dieser Spielort im asiatischen Teil Russlands unbedingt beim Turnier dabei ist. An der Kontrolle wurde diesmal mein Deo beanstandet. Was bei den bisherigen Spielorten kein Problem war, ist in Asien wohl eine Gefahr für andere Menschen. Eine Ausführung/Weiterführung des Gedanken lass ich mal an dieser Stelle sein, ich meine mich im Beitrag zum Achtelfinale 2014 in Porto Alegre dazu geäußert zu haben.

Ich nahm mir eine Minute, machte mich kurz frisch und nutzte das Deo bevor die fast leere Dose in die Tonne wanderte. Da sich reine Kontrollwillkühr durch alle Stadien der Welt zieht, verursachte die Situation nur das übliche bleibendes Unverständnis. Leider lassen dies 100% aller Menschen für einen Event über sich ergehen und es wäre müßig, sich genau jetzt dagegen zu wehren. Da gibt sinnlosere Beispiele.
Die gesuchten Zugänge zu den zusatztribünen und damit erhöhte Kapazität hinter dem Tor sorgte für ein ordentliches Durcheinander. Unser Eingangsbereich war falsch ausgeschrieben und auch der Zugang am Drehkreuz lief nicht so flüssig wie an den anderen Spielorten. Demnach war Ekaterienburg bisher der enttäuschendste von allen.

Die Peruaner machten gescheit Stimmung, von Frankreich kam nicht viel. Etwa 70 zu 15 Prozent im Verhältnis, der Rest waren neutrale Zuschauer. Die Leidenschaft auf dem Rasen teilte sich genauso auf. Die mutigen Peruaner waren stark engagiert, kamen aber technisch kaum an die Franzosen heran. Frankreich beschränkte sich auf die Spielverwaltung aus defensiver und Mittelfeldarbeit. Ihnen reichten ein einziger sehenswerter Spielzug zum Siegtreffer. Peru wurde für seinen Aufwand nicht belohnt und schied somit vorzeitig aus der WM aus. Zum Ende des Spiels wurde es auf unserer Tribüne dank fehlender Überdachung durch einsetzenden Niesel etwas ungemütlich. Der Tag hatte ja eh schon nicht durch gute Temperaturen überzeugt. Insgesamt war es schon sehr frisch hinterm Ural.

Wir holten unser Gepäck und machten uns auf zur Unterkunft. Unsicherheitsfaktor hierbei war, dass wir bis hierhin nur eine Buchungsbestätigung über booking und mäßig ansychronen Nachrichtentransfer mit dem Gastgeber hatten. Unterwegs ins Wohngebiet wurde sich bei einem Imbiss mit einer Schaurma verköstigt. Am Eingang zum Wohnkomplex wo die Unterkunft gebucht war, gabs natürlich nur ein Tor mit PIN-Eingang. Ein jugendlicher Russe ließ uns mit dem Hinweis auf die unsichere Umgebung herein, während wir mit der Vermietung telefonierten. Diese kündigte an (Überraschung!), dass man mangels Nachrichten nicht mehr mit unserem Eintreffen gerechnet hatte, man würde uns aber eine andere Wohnung zuweisen. Nachts um eins. Sowas gibts wahrscheinlich auch nur in Russland. Zum Glück war die neue Adresse nicht weit und dort wurden wir einen Anruf später auch schon abgeholt. An der Wohnungstür wurde der Preis beglichen und es schien, als würde man dank meiner Ankündigung unserer frühen Abreise auf die Kaution für den Schlüssel verzichten. Die Wohnung war ziemlich geräumig und hate das notwendige Interieur für die Übernachtung.

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Kazan | Iran – Spanien

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Per elektrischer Telefondurchsage wurde uns die Taxifahrt annuliert und so liefen wir zu fünft vorerst auf der Straße, morgens halb fünf. Marschroutkas waren nur in die andere Richtung zu sehen. Auch zwei Besoffkis an der Bushaltestelle schienen nicht weiter hilfreich. Denen eine Zigarette oder 40 Rubel zu geben, würde uns nicht ans Ziel bringen. Unser Retter war dann ein daherfahrendes einsames Taxi. Gepäck und Menschen passten in dieses Gefährt und der tollkühne Kutscher fuhr uns fünf Manschkerl zum Voksal. Dort angekommen, standen einige Taxis sinnlos in der Gegend. Was soll’s, unserer hatte seinen Dienst für 300 Rubel getan. Im Zug wurde dann ein ganzer Haufen Schlaf nachgeholt. Nachdem viele der Kolumbanier dann auch vom Schlaf eingeholt wurden. Bei der Ankunft in Kazan-2 steuerten wir den Hauptbahnhof an, um das Gepäck zu verstauen. Das muss mal gesagt werden, klappt überall hervorragend.

Mit Tagesgepäck ging es dann per Metro in Richtung Zentrum und Sightseeing. Die Hauptattraktion in dieser Stadt ist ganz klar der weißte Kreml mit der großen Moschee. Wir schlenderten in großer Gruppe, trennten uns aber bald auf um essen zu gehen. Zu weit wanderten wir durch die Fußgängerzone. Hier waren einige Iraner unterwegs. Die Präsenz der Spanier hielt sich dagegen sehr zurück. Sind halt auch keine Gruppenphasen-Gucker. Auf der Suche nach was anständigem zu Essen, fanden wir ein georgisches Restaurant. Preise waren mittel bis gehoben, aber noch okay. Die Portionen für den Preis angemessen. Der Laden war sonst sehr gemütlich. Den großen Umsatz schienen sie abends mit harten Getränken zu machen. Meine Begleitung hatte es mangels Ticket etwas eiliger aufzubrechen. Am Ende der Fußgängerzone schloß ich mich in einer Pizzeria wieder der größeren Gruppe an und fuhr mit den Jungs zum Stadion.

Die gut organisierten Shuttles fuhren wie im Jahr zuvor auch unterhalb des Kreml los. Vom Rauswurfpunkt zum Stadion war es dann nur noch ein guter Kilometer. Das Bauwerk war noch vom ConfedCup bekannt. Ein doch recht hübscher Tempel mit oval geneigtem Runddach. Auch als Vereinsspielort kann ich mir das gut vorstellen. Eigentlich ist’s vom Fassungsvermögen fast zu klein für gute Länderspiele oder hochklassige CL-Begegnungen. Anreise und Lage machten das ganze aber wieder stemmbar.

Die Iraner waren auf der Tribüne klar überlegen, von Spanien keine Spur und die Perser machten mit ihren Tröten einen gescheiten Lärm. Es erinnerte stark an die Vuvuzelas in Südafrika. Auf dem Spielfeld sah die Sache anders aus. Die in rot spielenden Iraner standen tief und ließen sich von den in weiß frei aufspielenden Spaniern in den eigenen Strafraum drücken. Korrekterweise erzwang Spanien mit diesen Chancen auch den Führungs- und Endtreffer. Nach dem Spiel nahmen wir zwar den korrekten Weg zum Halt der Shuttlebusse aber dort herrschte großer Andrang. Die direkt nebenan gelegene Trambahnhaltestelle bot aber Zustiegsmöglichkeiten und eine gemütliche Fahrt in einer modernen Bahn brachte uns bis an den Hauptbahnhof. Wir bezogen unser Kupe-Abteil, in dem bereits zwei junge Russen Quartier bezogen haben.

Der Zug war nicht der modernste. Strom gab es nur im Gang. Es dauerte auch ein paar Minuten, bis wir es uns in dem engen Abteil bequem gemacht haben. Irgendwie ist nach meinem Empfinden die Platzkartny angenehmer. Privatsphäre ist nicht so das Thema, aber es gibt im Kupe nicht so viel Stauraum, mit dem man sich arrangieren kann. Eine lange Zufahrt mit viel Schlaf lag vor uns. 12 Stunden um etwas davon nachzuholen. Gleichzeitig rollten wir aber auch gegen die Uhr.

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Kazan Fußgängerzone( #1 )( #2 )

Saransk | Kolumbien – Japan

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Dort wurde um 3:15 Uhr morgens bei klar hellblauem Himmel umgestiegen. Den zweiten Teil der Fahrt brachten wir im Kupe rum. Morgens um zehn kamen wir bei bereits ordentlichen Umgebungstemperaturen in Saransk an. Die Luft war warm und trocken. Mit uns zusammen stolperten auch einige Kolumbianer aus dem Zug. Wir fanden uns an einer Bushaltestelle ein und nahmen per Linienbus die Route, die uns in die Nähe der Unterkunft führen sollte. Beim Durchqueren machte die Stadt einen sehr gepflegten Eindruck, zumindest dort wo der Bus auf einer breiten Straße durchs Zentrum und vorbei an einem Neubaugebiet fuhr, wo wir dann auch schonmal einen Blick auf das optisch mit der Umgebung passende Stadion werfen konnten. In der angepeilten Straße angekommmen, leitete uns eine freundliche Babuschka den Weg und ich durfte einmal nett mit der Vermieterin telefonieren. Diese wartete dann auch an der endlich angefundenen Adresse auf uns. Da wir statt mit drei angekündigten Personen, nun aber tatsächlich zu sechst in der Wohnung standen, entstanden ein paar Verwirrungen und es war gar nicht so einfach, die Situation mit begrenzten sprachlichen Fähigkeiten aufzulösen. Am Ende zahlten wir 2000 Rubel drauf und alles war wieder in Ordnung. Jeder sortierte etwas sein Gepäck und nahm eine frische Dusche. Ein kurzer Einkauf beim nahegelegenen Mini-Markt folgte und der Proviant wurde heim getragen. Dieser kleine ganz, nur 400 Meter weit, reichte bereits um den Nutzen der Dusche zunichte zu machen.

Da Saransk touristisch nicht viel zu bieten hat und das Spiel bald beginnen sollte, machten wir uns auf zur Bushaltestelle. Von dort fuhr uns ein Linienbus direkt bis an die FIFA-Sperrzone des Stadions heran. Die Gegend sah echt skuril aus. Entweder waren die eckigen Häuser in dieser großzügigen Anlage frisch hochgezogen oder frisch angestrichen worden. Während der morgendlichen Busfahrt war bereits aufgefallen, dass die Häuser der Wohnblöcke in Stadionnähe sehr der Farbgebung angeglichen waren. Je weiter man raus kommt, desto abgewohnter und grauer wirkte alles. Wir liefen eine breite Straße mit Park-Grün-Streifen, schnurstracks aufs Stadion zu. Die runde Konstruktion machte einen imposanten Eindruck für eine 40-tausender Hütte. Aber es hatte auch etwas besonderes durch das recht weitläufige Umfeld. Außen herum war alles durch die Besucher in gelb getaucht, man konnte nur wenig andersgekleidete Menschen ausmachen. Auch innerhalb der 4-Tribünen-Arena war Kolumbien geradezu übermächtig vertreten, optisch natürlich. Zur Hymne waren die Kolumbianer ordentlich wach und es trieb mir sauber das Kribbeln unter die Haut.

Das Spiel wurde durch eine frühe rote Karte gegen Kolumbien schnell entschleunigt. Die Japaner spielten folgerichtig die Führung heraus. Den Kolumbianern fiel zu zehnt zu wenig ein, um das Spiel zu drehen. Auch wenn sie zwischenzeitig nochmal ausgleichen konnten, so ging Japans 2:1 vollkommen in Ordnung.

Wir liefen nach dem Spiel zu einem Minimarkt im Neubaugebiet und günnten uns ein paar kühle Bier. Die Kolumbianer machten trotz der Niederlage gute Laune und verteilten sich nebenan in den Straßen. Das eigentlich öffentliche Alkoholverbot schien die Ordnungshüter angesichts der feiernden Übermacht und Frieden nicht weiter zu stören. Ein paar handliche Patronen für fairen Preis drückten wir weg, ohne Ärger zu bekommen. Es standen ja auch nebenan große Container zum Entsorgen des Mülls. Wir nahmen nach Zusammenfinden ein Shuttle ins Zentrum und suchten nach einem georgischen Restaurant, das bei google maps mit einer 5* Bewertung ausgeschrieben war. Vor Ort dann die traurige Wahrheit: Es gab es seit einem Jahr nicht mehr. Aber der Laden nebenan bot sich an und sah vielversprechend aus. In dem rustikalen Ambiente fanden wir dann auch tatsächlich einen Tisch mit 6 freien Plätzen. Das Essen war seinen Preis wert und wir konnten das Spiel der Russen gegen Ägypten schauen. Die Bedienung war etwas langsam und ließ sich nur selten blicken. Während der Halbzeit ging dann alles etwas schneller. Es gab noch kurz Probleme mit einem kalten Steak, da mussten Koch und Bedienung im zweiten Durchgang nochmal ran. Nach dem Essen ging es zügig ins Bett bzw. auf den Boden mit einer dünnen Decke, denn der Wecker klingelte bereits um vier Uhr früh.