Category Archives: Transsibirische Eisenbahn

Ein Tagebuch über die Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn im Jahr 2015 von Moskau nach Vladivostok und einen Aufenthalt auf der Baikal-Insel Olchon.

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11. August | Olchon -> Irkutsk

Heute stand die Rückfahrt nach Irkutsk auf dem Plan. Da wir noch etwas Zeit hatten und der Bus erst halb eins losfahren sollte, mampften wir die Bestände an frühstücksfähigem Material und füllten noch beim Café um die Ecke mit etwas Scirniki und Blyni nach.

Der Minibus kam pünktlich und scheinbar war unser Hotel eine der ersten Stationen, so suchten wir uns die besten noch freien Plätze raus. Am Ortsausgang wurden wir von einer Polizeikontrolle gestoppt. Offenbar hatte unser Fahrer seine Papiere nicht dabei, oder besaß gar keine. So wie der im weiteren Verlauf fuhr, hatte er eh nie ein Fahrzeug außerhalb der Insel gesteuert. Die Situation zwischen ihm und den Kontrolleuren wurde dann von denen etwas abseits geklärt, sehr wahrscheinlich durch den Wechsel von ein paar Devisen, linke Tasche, rechte Tasche sozusagen. Es konnte also weitergehen.

Am Fähranleger unterhielten wir uns noch mit einem anderen Deutschen und seiner russischen Freundin und holten uns ein paar nützliche Tipps über Ulan-Ude ab, da sie gerade da herkamen.

Wir machten auf der Fahrt nach Irkutsk noch an mehreren Stationen halt und holten uns an einem Stand das Mittagessen: Aufgewärmte Piroggen mit Krautfüllung. Die Situation wurde erst wegen der Bedienung hinter dem Tresen etwas lustiger, da diese uns der 920 Rubel zu wenig, anschließend 1100 Rubel zuviel raus gab. Sowas passiert eben nur, wenn man Kinder an die Kasse lässt, die nur bis 10 zählen können und auch nicht wissen, wie sie den Taschenrechner bedienen der vor ihrer Nase liegt. Die Situation lies sich zum Glück bereinigen.

Unser Fahrer nach dem Übersetzen aufs Festland fuhr einen irren Fahrstil und zeitweise dachte man, er würde einen neuen Rekord vom Anleger in die Stadt zurücklegen wollen. Wir kamen aber trotzdem zu spät, Er sah dann auch nichtmal ein, obwohl es der Mehrzahl der Fahrgäste genutzt hätte, die 3 Kilometer zum Bahnhof zu fahren sondern stoppte sein Gefährt pflichtbewusst am Parkplatz vor dem Reisebüro. Für uns ging es per Tram zum Bahnhof weiter.

Unsere Unterkunft für die kommende Nacht war das Mini-Hotel Panda, was bereits im Internet durch Fotos aus dem Räumlichkeiten einen schrägen Eindruck machte. Günstig war es auch nicht, eher mittelpreisig und rechnete die Preise nach Aufenthalt stundenweise ab, lag aber dafür in Bahnhofsnähe in einer schummrigen Gegend. Nach kurzer Rumfragerei in der Nachbarschaft des Bahnhofs wurden wir nicht ohne kleineren Fußmarsch fündig und wurden angenehm überrascht. Alles sauber und gepflegt. Draußen hatten wir glücklicherweise nachts nichts zu bestellen, sondern kamen nach dem Abendessen in einem nahegelegenen chinesischen Restaurant schnell wieder zurück.

Fotos zu dieser Karte
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Busfahrt Olchon - Irkutsk(291.82 km)

10. August | Mys Chaboi

Für heute hatten wir die Exkursion zur Spitze der Baikalinsel gebucht. Der Plan sah erst aber mal Frühstück vor. Da unser verbleibendes Brot nicht rausreichte, um den Hunger zu befriedigen, musste ein Spaziergang zu einem nahegelegenen Café herhalten. Dort wurde dann der restliche Magen ausreichend für die Fahrt gefüllt.

Wir kamen wieder rechtzeitig zurück um die Tasche für die Fahrt zu packen. Also wir (überpünktlich) in Richtung Hotelausgang liefen, wurden wir schon erwartet und herangerufen. Die noch überpünktlicheren Fahrer und anderen Teilnehmer waren alle schon anwesend und hatten naürlich die vermutlich gemütlichsten Plätze in dem Bus aus dem 70ern weggeschnappt. Und dann rollte der Exkursions-Konvoi aus vor solcher Busse los Richtung Inselspitze.

Zunächst ging die Fahrt gewohnt über die Straße, eigentlich ein angehäufter aber nicht befestigter Damm. Ziemlich staubig wars, wenn man nicht im ersten Gefährt daherbrauste. Beim Blick nach hinten machte auch Sinn, warum die mit eingeschaltetem Licht fuhren. Nach 5 Kilometern passierten wir den Flugplatz, der eigentlich nur aus zwei Flugzeugen, einer Rollpiste und einem Haus mit Windfähnchen bestand. Die weitere Fahrt über eine steppenähnliche und hüglige Landschaft ging noch eine ganze Weile weiter, bis wir an einem Punkt mit Aussicht auf zwei kleine Inseln und ein paar große Felsen Halt machen. Dort horchten wir den Erzählungen der Reiseleitung über einige der Sagen nachdem Menschen zu diesen Steinen geworden sind weil sie irgendwas nicht richtig gemacht hatten oder böse waren. So Sagen halt.

Weiter ging es dann durch leicht bewaldetes Gebiet zu einem weiteren Dorf, aber sehr viel kleiner als Khuzhir. Hier lebten nur noch 1500 Menschen und das ganze Jahr über nur drei Familien. Früher war das aber mal das größte Dorf der Insel und ein Gefängnis für Verbannte aus der Zeit Stalins. Man erkannte noch die Reste eines Bootsanlegers und einer Rampe, die vom Wasser weg hinein in den Ort führte. Am Ende der Straße ortsauswärts gab es ein hölzernes Kreuz für die dort im Gefängnis gestorben Menschen.

Der Wald wurde zunehmend dichter und wir passierten die Einfahrt zu einem “Nationalpark”. Natürlich sah der auf der andren Seite der Schranke nicht viel anders aus als davor aber waren wir ja jetzt auch innerhalb des Parks. Für ein virtuell gutes Gefühl mit echtem Geld zu zahlen hat ja auch was. Aber eigentlich zahlten wir das ja nur indirekt mit dem Preis für die Exkursion also wars an der Stelle auch wieder wurst.

Die Luft wurde immer dichter, schlechter und der Rauch der letzten Tage war nun endgültig klar als Waldbrandgeruch in der Nase spürbar. Schien was größeres zu sein, aber nicht auf der Insel. Wir machten nochmal etwa 4km vor der Spitze einen kurzen Halt, wo man eigentlich eine gute Aussicht auf das Wasser haben sollte, was 200m weiter unten brandet. Hatten wir nicht, es gab hier keine 200m Sichtweite mehr, so dicht war der Rauch. So fuhren wir nach kurzem Stop weiter bis zur letzten Position wo Autos die Exkursionsteilnehmer möglichst nah an der Inselspitze absetzen konnten. Danach mussten alle zu Fuß weiter gehen, während die Fahrer die Busse schonmal an einen vereinbarten Platz fuhren und das Essen kochten.

Die restlichen 600 Meter zur Spitze waren auch relativ leicht gemacht. Der Weg war sehr karg, es ging teilweise über kleinere Steine und geröllartigen Boden. Zur besseren Aussicht hatte die örtliche Verwaltung hier in regelmäßigen Abständen hölzerne Platformen mit Geländer aufbauen lassen, damit man beim Fotoknipsen nicht in die Tiefe fällt. Leider war heute die Aussicht aufgrund der Aschewolke extrem unspektakulär und so drehten wir unsere Runde auf dem Weg und bauten neben vielen anderen eins, zwei Steinmännchen.

Auf dem Rückweg zum Bus loggte ich nach kurzer Suche noch den hier vorhandenen Geocache, sichtgeschützt durch die Luft. Am Parkplatz angekommen, besser gesagt, an den Parkplätzen der anderen Busse vorbeikommend wurde auch die Hauptursache von Waldbränden sehr schnell klar: Menschen. Menschen die ihr Feuer nach dem Fressen nicht löschen, verursachen Waldbrände. Erst recht, wenn der Boden und die Bäume durch ausbleibenden Regen wochenlang ausgedürrt sind und man die Feuerstellen nach Gebrauch nicht gescheit löscht. Nunja, bei uns gab es aber nun erstmal Salat und aufgewärmte Fischsuppe. Ehrlich gesagt, war das sogar eine ziemlich leckere Fischsuppe, die die Buslenker da am Lagerfeuer herbeigezaubert hatten. Viel blieb da jedenfalls nicht übrig. Auch das Feuer wurde nach der Tee- und Keksrunde dann anschließend halbwegs gelöscht.

Nächster Halt war eine Felsformation, die aussah wie ein Herz. Wie viele andere Sehenswürdigkeiten mit zwei Teilen wurde auch diese in einen männlichen und einen weiblichen Teil eingeordnet. Und auch dazu gab es wieder unzählige Sagen, deren Bedeutung durch die alten Übersetzungen vom burjatisch ins russische und dann anschließend ins englisch durch den Fremdenführer vermutlich zehnmal unterwegs vom Original abwich.

Auf dem Rückweg nach Khuzhir fuhr unser Bus den westlichen Teil der Küste ab und wir passierten zwei große Berge, deren Umrisse wir durch den Rauch nur erahnen konnten. Hier war das Land viel grüner und grasiger. Eine Pferdeherde stand unweit des steinigen Seeufers auf einer Weide. Ein kleines Fischerboot lag 100 Meter vom Ufer entfernt vor Anker. Es war schon ziemlich malerisch hier.

Bei weiterer Rückfahrt erreichten wir bald wieder die bekannten sandigen Pisten auf steppenartigem Boden, durchfuhren denselben Nadelwald wo immernoch das Kontrollhäuschen zur Einfahrt in den Nationalpark über einfahrende Autos wachte und Kohle abnahm, Ohne weiteren Halt ging es zum Hotel zurück, was wir ziemlich planmäßig um sieben Uhr erreichten. Im angrenzenden Café wollten wir aber noch eine Mahlzeit zu uns nehmen. Nach den letzten Tagen mit fast ausschließlich Fisch sollte es jetzt mal wieder ein Fleischgericht ein. Wir bestellten “Petsch” mit Kartoffelpüree. Gereicht wurden eine Art Leberspätzle mit Kartoffelpüree.  Wieder ein Wort gelernt.

Später am Abend genossen wir noch die Reservierung der russichen Sauna im Hotel. Die Sauna hatte ein eigenes Haus, bestehend aus einem großen Ruheraum, einem kleinen Durchgang zum Abwaschen und dem Raum zum Schwitzen. Viele Leute würden da drin nicht Platz haben aber wir waren ja auch nur zu zweit. Beheizt wurde der OFen von außen mit Holz und man hörte in regelmäßigen Abständen jemanden nachlegen. Im Zwischenraum standen zwei große Fässer mit Wasser um sich abzukühlen. Abgetrocknet ging man anschließend in den Ruheraum. Solch eine Sauna ist definitiv ein Muss wenn man mal die Möglichkeit hat und heute bot sich die Gelegenheit zumindest im Gefühl mal all die Asche runterzuwaschen, durch die man den Tag über gelaufen war.

Fotos zu dieser Karte
Zwischenstation an der Herzformation( #1 )( #2 )
Ausblick( #1 )( #2 )
Steinufer an einem Berg( #1 )( #2 )( #3 )
Pferdeherde( #1 )( #2 )
Anfahrt( #1 )( #2 )
Fast verlassenes Dort( #1 )( #2 )( #3 )( #4 )( #5 )( #6 )
Felsformationen( #1 )( #2 )
Rote Sonne( #1 )( #2 )
Blick bergab( #1 )( #2 )
Wunschfähnchen( #1 )( #2 )( #3 )( #4 )( #5 )
Mittagspause( #1 )( #2 )

9. August | Olchon #4

Heute haben wir lange ausgepennt, bis drei Uhr. Einfach mal nur faul rumgelegen. Also noch fauler als eh schon nur am Strand zu liegen, war faul im Zimmer rumliegen. Zum Frühstück bin ich ins örtliche Geschäft gegangen und hab ein bisschen was zu happern geholt. Nutella – musste mal wieder sein – und was man sonst so braucht: Brot, Milch im handlichen 0.5l Tetrapack und eine super praktische 6einhalb Kilo Wassermelone für umgerechnet unschlagbare 4 Euro. Nach solch effizienten und günstigen Wasserbehältern sucht man in Westeuropa vergeblich. Nach dem Frühstück wurde sich nochmal hingelegt, irgendwie war heute die Luft schlecht. Alles ziemlich neblig mit leichtem Hang zum verbrannten.

Nachmittags wollten wir ne Runde aufm See Tretboot fahren gehen, also ging es zu Fuß einen kleinen Marsch zum Strand wo wir zuerst waren. Der in der keinen Bucht wars. Da gabs auch einen Tretbootverleih, wo anscheinend ein paar Leute umherstanden, quasselten und aufs nächste freiwerdende Boot warteten. Scheinbar nur, denn fast alle von den da rumlungernden wollten nicht wirkich fahren sondern standen da nur blöd herum. Wir erfragten also der Miete für so ein Wassergefährt und machten nach dem genannten Preis auf dem Absatz kehrt. Der “Verkäufer” war weder freundlich, noch denke ich dass hier auch nur ein einziger Gast ohne ausländischen Akzent 500 Rubel die Stunde für ein Tretfahrzeug zahlt. Nur zum Vergleich: für 500 Rubel kommt man mit dem Minibus die 250 Kilometer bis Irkutsk.

Wir schlenderten dann so unseres Weges entlang am Steilufer und ein wenig durch das Zentrum des Dorfs bis zum Hafen. Besser gesagt: ehemaligem Hafen. Das einzige Gebäude was irgendwie kommerziellen Charakter aufwies hatte keine Türen oder Fenster mehr und stand nur noch dank seiner robusten Betonwände. Umittelbar davor standen/lagen ein paar ausgemusterte Schiffchen auf denen teilweise einige Badegäste entweder spielten oder einen Museumsbesuch dieses netten kleinen Schrottplatzes erledigten. So, jetzt hatten wir auch die südöstliche Seite von Khuzhir kennengelernt. Leider blieb auch hier der erhoffte Bade- und Tretbootspaß mangels ausreichend attraktivem Angebot aus.

Den Weg zurück in Richtung Unterkunft nahmen wir entlang der Hauptstraße, wo uns ein Deutscher Schäfterhund rund 2km entlang begleitete. Kurz vor dem Zentrum bogen wir nochmal rechts nach Süden ab um den einen Geocache auch noch zu finden. Das war ziemlich einfach, denn als wir uns dem Zielgrundstück näherten, stand schon die Hausherrin in der Pforte und rief in russischer Sprache “dort, dort liegt es wenn ihr es spielt”. Vielen Dank auch, so lief das natürlich sehr viel leichter als erwartet.

Der anschließende Einkauf fürs Abendessen war auch fix erledigt. Der Supermarkt befand sich ja nur zwei Straßen weiter. Und so wurde dieser Tag bei einer leckeren Portion Omul, einem Fassbier und Kwas beeendet.

Fotos zu dieser Karte
Straßenbilder( #1 )( #2 )
Khuzhir Hafen( #1 )( #2 )
Schiffswracks( #1 )( #2 )( #3 )