Brasilia | Kolumbien – Elfenbeinküste

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Heute erwartet uns ein Knallerspiel: die Vorentscheidung um die Führung der Gruppe zwischen Kolumbien und der Elfenbeinküste. Der Airportservice unseres Hotels brachte uns die 900 Meter zum Flughafen. Das Boarding dauerte am längsten, aber auch nur deshalb weil wir uns in der falschen Reihe anstellten. Danach ging es fix. Das mit effizientem Einsteigen hat noch keine Fluggesellschaft der Welt korrekt gelernt. Anscheinend nehmen sie bei dem Konzept die gesammte minimal mögliche Intelligenz des Publikums angenommen anstatt darauf zu hoffen, dass sich Teile einer heterogenen Masse auch klug verhalten kann, was den Einsteigeprozess deutlich verkürzen würde. Also hatten wir frühzeitig die Plätze eingenommen sowie das Handgepäck verstaut. Ein sanfter Flug dem Morgengrauen entgegen brachte uns in die Hauptstadt.

Der Reiseführer hat mit gigantischen Entfernungen nicht übertrieben. Die Stadt ist riesig. Wir mühten uns mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Hotel und anschließend zur Innenstadt. Obwohl es keinen historischen Stadtkern gab, kann man den Busbahnhof als Mittelpunkt dieser Retorte ansehen. Die Brücken zeigten deutliche Abnutzungsspuren. Hier konnte man ohne Menschen die perfekte Kulisse für einen Post-Homo-Sapiens Endzeitfilm vorfinden. So stellt man sich eine Geisterstadt vor, wenn sie ein paar Jahre unbewohnt ist und die vorhandene Zivilisation ziemlich irreal wirkt. Die Architektur der zentralen Sehenswürdigkeiten schien wie eine längst vergessene Zukunftsvision. Wir besuchten die große Kirche, deren Saal unterhalb einer riesigen Kuppel lag und durch das Tageslicht hell geflutet wurde.

Das Stadion allerdings wusste im Vergleich zum großen Rest der Stadt vollends zu überzeugen. Zentral gelegen und gut angebunden, durfte hier das Fußballherz etwas höher schlagen. Ein extrem geiles Beispiel wie man aus aktuellen FIFA-Vorgaben eine Kathedrale des Sports aus dem Beton zaubern kann. Mit in rot gehaltenen Sitze und einer Runddachkonstruktion über den Tribünen, die auf zwei Rängen von viereckig perfekt den Übergang zum Runden fand, gab es außerdem weitläufige Umlaufflächen und ausreichend Futterstände. Die Stimmung war dank extrem hohem kolumbianischen Publikumsanteil auch entsprechend gut. Das zwischenzeitige 2:0 brachte die Hütte zum Beben und fortan wurde jede Balleroberung durch Kolumbien energisch gefeiert. Auch der Anschlusstreffer konnte nichts mehr ändern. Damit dürfte Kolumbien sicher durch sein. Eigentlich schade, denn dies ist bei optimalem Turnierverlauf unser einziges Spiel in diesem geilen Tempel.

Den Abend verbrachten wir nach Besuch des Fernsehturms in einem Straßenimbiss. Beim absoluten Knallerspiel Japan gegen Griechenland wurde lecker gebratenes Hühnchenfleisch geboten. Die Kolumbianer sind chon ein lustiges Volk und sprachen uns bei mehreren Gelegenheiten an, träumend vom großen Finale. 🙂 Aber auch wir deutsche schienen überall einen Sympathiebonus zu haben. Der Wirt des Imbiss jedenfalls dürfte mit dem heutigen Umsatz an Bier und Fleisch zufrieden gewesen sein. Kein Wunder, denn der übliche Südamerikanische Tisch bestellte üblicherweise nur eine Flasche Bier mit einer Anzahl Gläser, während wir auf die Gläser verzichteten und direkt für jeden eine Flasche ranholen ließen. Interessant waren ebenfalls gelegentlich vorbeilaufende Kinder/Jugendliche aus dem Viertel um ihre Backwaren unter den sitzenden Gästen zu verkaufen.

Pantanal

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Heute ist spielfrei. Nachdem wir gestern Abend etwas später in die Betten kamen, wurde heute nach Ausschlafen und reichhaltigem Frühstück zur Beruhiguung des Magens, die wilde Landschaft uns Pantanal angesteuert. Ein kurzer Besuch am nahegelegenen Supermarkt und schon ging es los. Kurz hinter Pocone konnte man die Straße in den Dschungel erkennen. Straße ist vielleicht zuviel zugesagt. nennen wir es geräumte Schotterpiste. Unterbrochen von kleinen Holzbrücken nach fast jedem Kilometer, führte sie in die Wildnis. Es dauer nicht lang, bis wir die ersten Tiere entdeckt hatten: Einen Kaiman, der sich auf einer kleinen Insel von einem Wasserloch sonnte. Auf der Straße war außer uns nicht viel los, selten kam und man ein Auto entgegen oder wir überholten welche. Sehr viele andere Viecher hatten sich bisher auch noch nicht blicken lassen. Vögel und Wasservögel waren neben den Kaimanen die Hauptattraktionen. An der Landschaft konnte man sich aber nicht genug satt sehen. Ein weites Ödland mit Grstrüpp unterbrochen von Sümpfen und flachen Flüßchen, die wir über besagte Brücken passierten. Viele der Brücken waren in recht gutem Zustand, während andere schon kurz vorm Zusammengebruch standen und halb im Wasser hingen. Nunja, uns hatte an einer Stelle ein Lastwagen überholt und wenn er das schaffte, sollten wir mit unsrer Karre keine Sorgen haben. Die Straße selbst war ein befestigter Damm, die Fahrbahn bestand aus aufgeschüttetem Sand und Gröll. Unser Auto zog bei der Fahrt eine mehrere hundert Meter lange Staubwolke hinter sich hier, das gleiche machten natürlich auch andere, sodass man den spärlichen Gegenverkehr schon von weitem sah. Es war recht gut vorstellbar, dass man hier zur Regenzeit mit einem Kleinwagen nicht so weit kommt. Straeckenweise war die Piste nur notdürftig geräumt. Es sah so aus, als wäre die Straße vor wenigen Tagen noch Schlamm gewesen und allein die Trockenheit hätte dafür gesorgt, dass der Boden fest war und die Radspuren großer Autos und aufgetürmter Schlamm wirken wie eingefroren.

Ein absolutes Highlight unserer Fahrt war eine Herde Rinder, getrieben von 4 Cowboys die den Namen verdient hatten. Etwa 2km mussten wir uns hinten anstellen und gondelten im Schritttempo hinter der Herde her, lauschten den wilden Kampfrufen der Gauchos und atmeten die vollgeschissene Luft hinter etwa 200 Kühen ein, deren Verdauungsorgane offenbar bestens arbeiteten. Selten büchste mal ein Tier aus, konnte aber gekonnt von einem Reiter unter wildem Geheul und Peitschenschnalzen wieder zurückgetrieben werden.

Etwa 40km vor dem Ende der Straße stellte sich die Frage, ob wir umkehren oder bis ganz zum Ende durchziehen. Die Folge wäre, dass wir die Rückfahrt dann teilweise, mindestens die Hälfte der Strecke, bei Dunkelheit fahren müssten. Natürlich fuhren wir weiter und wurden schon wenige Kilometer weiter durch die Sichtung von Wasserschweinen und einer grandiosen Aussicht für diese Entscheidung belohnt.

Am Ende der Straße erwartete uns ein Fluss. Kein Wunder, dass die Straße gerade hier zu Ende war. Eigentlich aber auch ein bisschen schwach. Sie endete einfach. Damit lässt es sie sehr weit hinter andere Errungenschaften der Zivilisation zurück fallen. Den Bau der transsibirischen Eisenbahn hat man ja schließlich auch nicht beim ersten größeren Hindernis gestoppt und den Sinn überdacht. Zumal die Instandhaltung der 120 Holzbrücken und die Räumnung nach jeder Regenzeit wohl kaum wirtschaftlich tragbar für eine 150km lange Straße ins Nichts sein können.

Heute hatte sich uns der Jaguar leider nicht zeigen wollen und beim Zeitdruck auf der Rückfahrt war die Wahrscheinlichkeit dafür auch gering. Nach etwa 75 Kilometern hatte uns die Dunkelheit eingeholt. Hier betrieb ein Bus Nacht-Safaris am Straßenrand und leuchtete mit Scheinwerfern in die Büsche. Ansonsten lief die Rückfahrt ohne Zwischenfälle ab. Wenn man die Baufälligkeit einiger Brücken gesehen hatte, war die Dunkelheit zur Verringerung des Adrenalin-Spiegels schon ein guter Ratgeber.

Cuiaba | Russland – Südkorea

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Der Flug nach Sao Paulo verlief ruhig, ich konnt ein bisschen die Augen zu machen. Obwohl die Fliesen auf dem Boden vom Flughafen in Salvador ziemlich kalt gewesen waren, war es doch ungemein gemütlicher als im Sitzen zu schlafen und einen steifen Hals zu bekommen. Die Landung war ok, aber die 5 minütige Fahrt nach selbiger zum Gate war eine üble Zumutung, am frühen Morgen die verschlafenen Fluggäste in einem klapprigen Bus zu kutschieren, unglaublich. Das freie WLan im Flughafen GRU sollte uns von weiterem SChlaf fern halten, sowie die Wartezeit auf den Anschlussflug nach Cuiaba recht erträglich machen. Hier liefen bereits einige Russen umher, die das Spiel wohl etwas sehnsüchtiger erwarteten als wir. Jedenfalls machten sie einen recht beschäftigt-hektischen Eindruck. Das Gebäude füllte sich allmählich, während wir uns die besten Sitzplätze bereits gesichert hatten.

Das Publikum im Flugzeug nach Cuiaba war eine gute Mischung aus Russen, Koreanern und sonstigem. Wie üblich fingen die Russen bei der Landung mit dem Klatschen an, das ist so typisch für die! Scheinbar spricht das Geklatsche nicht für die Qualität des Flugs. GOL hatte zwar etwas mehr Beinfreiheit zu bieten aber insgesamt war der Flug ziemlich unruhig. Das Flair des modernen Flughafengebaudes in Cuiaba wusste dagegen zu überzeugen.Hier war alles hell gehalten, eine schöne Lagerhalle mit paar Info-Ständen und Fresstheken. Deutlich einladender als das Kabuff in Sao Paulo, doch leider kein WLan for free.

Zwei von uns machten sich auf die Suche nach einer Unterkunft. Das dauerte entsprechend. Der andre klärte die Lage mit bewährt mobilem Internet ebenfalls in der näheren Umgebung und ich genoß die Ruhe und passte auf die Sachen auf.

Wir fanden ein verfügbares Hotel in der Nähe des Flughafens. Auch ein Supermarkt war nicht weit. Direkt vor dem Parkplatz des Flughafens gab es eine futuristisch anmutende Haltestelle für eine Straßenbahn. Sehr weit waren aber die Bauarbeiten noch nicht gekommen, die Haltestelle selbst war so ziemlich fertig aber die Gleise endeten in beiden Richtungen jeweils nach etwa einem Kilometer und heute wurde daran auch nicht weiter gebaut. Schließlich war Spieltag für Brasilien.

Unsere Spielpaarung hieß Russland gegen Südkorea. Der örtliche Linienbus brachte uns bis zur abgesperrten Zone um das Stadion. Die eigentliche Stadt lag noch ein ganzes Stück weiter entfernt. Das Stadion lag auf einer kleinen Anhöhe und wir waren auch viel zu früh da. Sonderlich viel Sightseeing war hier nicht drin, bis auf ein paar Kanäle und Straßen gabs hier um die Spielstätte auch nichts zu sehen. Entsprechend wenig Publikum war zu dieser Zeit hier auch unterwegs. Den wenigen heranströmenden Zuschauern versuchten wir unsre überzähligen Tickets schmackhaft zu machen. Zunächst wollte aber niemand unsre tollen Schnäppchen haben. Das änderte sich aber bald, als ein paar Russen in unserer Nähe das gleiche mit ihren wesentlich höherwertigen Karten versuchten. Nachdem wir alle unsere Schätze an die bedürftigen Personen gebracht hatten, ging es rein in die Hütte.

Das Stadion war recht interessant. Alle Tribünen waren vollkommen eigenständig aufgebaut und sogar die Träger an den Ecken waren von den Tribünen daneben komplett getrennt. Auf der Gegengerade versammelten sich die Blöcke der parteiischen Anhänger. Russen links, Koreaner rechts. Dazwischen und auf den anderen Rängen war sehr gemischtes Publikum anwesend. Die Stimmung bzw. Anteile daran entsprach dem Spielverlauf. Das Spiel war zwar nicht ganz so schlecht wie ein Bundesligaspiel einer Damenmannschaft, aber eine normale Zweitligapartie in Deutschland hat sportlich mehr zu bieten. Während nach dem Spiel die Leute noch etwas rumstreunerten, lief ich noch ein bisschen für Fotos umher. Anschließend trafen wir auf einer Zufahrtsstraße noch ein paar bekannte deutsche Gesichter und die Gespräche vertieften sich in die Aufarbeitung von Sym-/Antipathien, Leistung und Gegenleistung, sowie der bisherigen Erfahrungen. Hauptsache die Luft war angenehm lauwarm und es gab ein paar kühle Brahma.

Morgen ist spielfrei für uns und ein Ausflug in den Pantanal-Park war per Mietwagen geplant. Vielleicht bekäme ich ja ein bisschen Gelegenheit mal wieder an meinen Fahrkünsten zu arbeiten.