Category Archives: Transsibirische Eisenbahn

Ein Tagebuch über die Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn im Jahr 2015 von Moskau nach Vladivostok und einen Aufenthalt auf der Baikal-Insel Olchon.

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2. August | Novisibirsk Zoo

Heute stand der Besuch der örtlichen Tieranstalt auf dem Programm, zu der wir uns zu Fuß bequemten. Unterwegs, knapp unterhalb einer Brücke und in der MItte eines Kreisverkehrs hatte der Kilometerstein 3336 der Transsibirischen Eisenbahn einen eigenen Obelisken, sozusagen ein Denkmal, der um einiges größer und schöner war, als der Asien-Europa-Stein am Kilometer 1777.

Die Straße weiter entlang, lief man nicht mehr weit und kam am Zoo an. Gegenüber an der Straße gab es neben noch einen Eierkuchen als nachträgliches Frühstück für günstiges Geld und weiter ging es direkt zur Kassa. Der Eintritt von 250 Rubel entspricht nicht mehr ganz den Abgaben aus dem Reiseführer, aber hier wollten wir natürlich auch nicht knausern. Das Terrarium direkt links hinter dem Haupteingang zeigte einige Schildkröten, Warane, Krokodile, Schlagen. Leider nicht ganz von der schönen Seite. In dem Becken mit Wasserschildkröten waren eindeutig zu wenig Steine, sodass die meisten Tiere permanent im Wasser unterwegs waren. Einige kleinere Schildkröten zeigten gar keine Eigenbewegung mehr, während andere von Kinderhänden unter Wasser gestupst wurden. Zwei riesige Pythons waren in einer Vitrine untergebracht, wo sie kaum Möglichkeiten hatten sich zu verstecken.

Weiter draußen ging es lustig weiter, wenns eigentlich insgeheim nicht relativ traurig gewesen wäre. Große Modelle von Sauriern sollten dazu einladen, neben einer zusätzlichen Gebühr natürlich, den “Dino Park” anzuschauen. Da die Hoffnung gering war, hier echte Dinos zu sehen, verzichteten wir auf den Eintritt.

Insgesamt aber bot der Zoo eine reiche Auswahl an anschauberer Tiere. Zwei Eisbären, zwei sibierische Tiger mit einem Jungen, auch Geparden und allerlei Kleintiere. Elefanten gab es leider nicht zu sehen, aber dafür neben dem Löwen und Tigern, einen zuchtfalschen “Liger” mit zwei Jungen. Das sah aus wir ein Löwe mit Tigermaserung, lag aber nur faul in der Sonne während sich die kleinen vergnügten. Gibt es wohl so nicht in der Natur, muss ich mal googeln. Als wäre die Größe des üblichen Amur-Tigers noch nicht imposant genug oder die machtvolle Ausstrahlung der Löwen gegenüber. Hmm, scheinbar muss man da noch was größeres und fauleres heranexperimentieren.

In Anschluss gab es nach einer reichen Auswahl von Wölfen noch jede Menge Vögel, allen voran viele Papageiarten zu bestaunen. Wenigstens hatten wir heute ein paar artgerechte Unterbringungen von Tieren gesehen, andere waren dagegen wenig geeignet, während deren Bewohner verhaltensauffällig am Gitter hin und her wanderten.

Zurück zum Bahnhof ging es erneut zu Fuß. Der leichte Regen, der uns seit dem Morgen begleitete, setzte immer mal wieder aus, dann wieder ein oder wirkte sich nur noch als Nieselregen aus. Vom Bahnhof aus wanderten wir die Ulitza Lenina entlang, auf der Suche nach einem der Restaurants die im Reiseführer beschrieben waren. Leider Fehlanzeige. Bis auf einen Irish Pub und der Bierkneipe mit angeschlossenener Brauerei kamen wir an nichts wirklich was vorbei wo man sich bewirten lassen könnte. Erst vorm am Leninplatz kehrten wir im Traktir ein.

Heute war irgendwas komisches in der Stadt los. Laufend sah man Leute in Seemannsuniform mit Mütze und der örtlichen Fahne inkl. richtiger Fahne. Unweit des Lokals standen einige dieser Gestalten und machten Fotos von sich mit den Figuren und dem Theater im Hintergrund während sie irgendwas gröhlten. Wir machten es uns derweil im Restaurant gemütlich. Hier hab es gutes Essen für gar nichtmal großes Geld, insgesamt war es sehr preiswert. Nur die Klimaanlage nervte einwenig, da sie ständigen Zug verursachte aber sonst passte das Ambiente.

Zu guter letzt brachte uns die Metro der Stadt mit einmal Umsteigen zum Bahnhof, von wo wir ins Hostel zurück kehrten. Die Metro hier ist mit 20 Rubel pro Fahrt noch günstiger als Ekaterienburg (23) oder gar Moskau (50), aber bei weitem nicht so tief angelegt. Nur wenige Treppen oder Rolltreppen gehts nach unten und sie fährt auch nicht so häufig. Aber U-Bahn bleibt U-Bahn und immernoch die beste Art, sich innerurban fortzubewegen.

1. August | Ekaterienburg -> Novosibirsk

Unsere Platznummer ließ es mich schon erwahnen: Wir hatten die beiden Festerplätze (gerade Zahn oben, ungerade Zahl unten) ganz hinten am Gang. Jawohl, der Toilettendurchgang. In Platzkartenwaggon sind das sozusagen die unbeliebtesten Plätze weil allerweil jemand da durch muss, entweder um auf Klo zu gehen, zum rauchen oder weil hinter der Tür dort die eizigen beiden Steckdosen im ganzen Waggon sind. Die Steckdose, die sich nicht in der “sanitären Zone” befindet, ist auch in Dauerbenutzung. Ein reger Durchgangsverkehr hier.

Zum großen Leidwesen aller anderen Passagiere im Waggon gab es zwei weibliche Zwillinge, vom Alter her viel zu jung um lange Strecken im Zug fahren zu dürfen. Die Eltern waren auch zeitweise mit der Ruhigstellung der kleinen Bälger überfordert. Aber so ist das nunmal in einem Land wo die Frauen mit Anfang zwanzig per Nachwuchs die Familienbindung festigen müssen, damit der Suffkopp im Haus nicht zu einer anderen abhaut. Der halbe Waggon wurde als morgens um halb fünf Ortszeit während eines Halts auf freier Strecke durch lautes Babygeschrei unterhalten, während die Mutter durch Vortäuschen von Bahn- und Fahrtgeräuschen versuchte die schreiende Nervensäge zu beruhigen.

Traumhaft dagegen war die Begegnung meiner Fußzehen mit dem Türspalt als weinige Stunden später ein Fahrgast hinter sich die Tür schließen wollte und mein Fuß sich zufällig nahe dem Scharnier befand. Auch dieser Schrei dürfte viele meiner Mitreisenden gerade aus den übelsten Träumen geholt haben. Der Mann entschuldigte sich aber morgens und eigentlich tut er jetzt, nen halben Tag auch gar nicht mehr soo weh.

Wir überquerten den Fluss Irtysch bei Omsk auf einer großen Eisenbahhnbrücke. Hier hielten wir etwas länger, rund 25 Minuten. Dieser Zug hielt sowieso an viel mehr Stationen als der von Moskau nach Ekaterienburg, hielt aber dort dann jeweils nur wenig Minuten. Lange Strecken fuhren wir durch extrem flaches Land, in dem die gräsernen Felder und sumpfigen Felder durch kleinere Wälder begrenzt waren. Je weiter wir Richtung Novosibirsk kamen, desto mehr dominierte die Farbe türkis die Bahnhofsgebäude. Die Städte waren meist in Plattenbau gehalten, die Dörfer hingegen zeigten meist nur Datschen hier. Insgesammt aber nahm die Zahl der Dörfer ab, je weiter man von den Städten weg kam sowieso. Die Steppe beherrschte hier das Landschaftsbild.

Wir bereiteten uns schon fast aufs Abendessen vor, da hielt der Zug erneut an einem größeren Bahnhof: Babarinsk. Das traf sich gut, denn beim Einfahren in den Bahnhof konnte man schon die leckeren Lebensmittel aller Art in den Händen von Frauen mit Schürzen oder Omas mit Kopftuch sehen. Beim Aussteigen schoß einem sofort der Geruch geräucherten Fischs in die Nase. Hier gab es alles, um den Bedarf an Abendessen zu stillen: Piroggen mit allerlei Füllungen, Fisch in verschiedensten Größen oder Beeren in großen Plastikbechern. Wir kauften einen Fisch für günstige 150 Rubel und noch solche aus Fischfleisch gebratenen Scheiben, dick wie Brot aber dafür rund. Den fetten Fang verstauten wir an unserem Platz zum späteren Genuß und vertraten uns noch ein wenig die Beine, bevor der Zug nach rund 15 Minuten Halz wieder losrolle. An dem hübschen Bahnhof stand an einem der nahen Gleise auch noch eine wunderschöne alte Dampflokomotive, die da aber nur rumstand. Trotzdem nett anzusehen. Unser Zug hingegen dampfte mit elektischer Kraft gen Dunkelheit, während wir zu Abend aßen.

Pünktlich kurz nach halb elf erreichten wir Novosibirsk, die Stadt an dem großen Fluss Ob der vor dem Einfahren in den großen Bahnhof überqert wurde. Zu Fuß machten wir uns sogleich auf den Weg ins Hostel. Dies sollte nur wenige Fußminuten vom Bahnhof entfernt liegen, die bauchigen Taxifahrer boten uns trotzdem in der Wartehallte bereits ihre Fahrdienste an, die wir dankend ablehnten. Für diese Strecke hätte es sich vermutlich nicht mal gelohnt, das Portemonnaie zu zücken. Im Hostel brannte zum Glück noch Licht und wir wurden freundlich eingewiesen. Einmal Familienzimmer (6 Betten) für zwei, besten Dank und Gute Nacht.

Tracks auf dieser Karte
Ekaterienburg - Novosibirsk(1483.58 km)

31. Juli | Ekaterienburg #2

Nach der kalten Dusche auch in der Früh und vorherigem Warten darauf, dass die abreisenden chinesischen Mitbewohner das Badezimmer freigeben, räumten wir die Klamotten zusammen und verließen das Hostel ohne das im Preis inbegriffene Frühstück.

Heute probierten wir die Metro aus. Für einen unschlagbaren Preis von nur 23 Rubel pro Jeton versorgten wir uns am Kassenschalter mit den Metallteilen, die laut Prägung der Moskauer U-Bahn nun eine weitere Verwendung fanden. Die Metro fuhr hier nur im Fünf-Minuten-Takt und war erstaunlich leer im Vergleich mit der in der Hauptstadt. Nach zwei Stationen waren wir schon am Bahnhof und gaben die großen Rucksäcke nach etwas Hickhack mit dem außen angebrachten Schuhen bei der Gepäckaufbewahrung ab.

Ein kleiner Spaziergang stand an. Drei Stationen fuhren wir wieder mit der Metro zurück in die andere Richtung und stiegen an der Geologizheskaya gegenüber vom örtlichen Zirkus aus. Unser Spaziergang führte uns durch den Park am Fluß bis zum Prospekt Lenin. Nach Besuch der Kirche dort und einem Halt beim Scholokadnitza wanderten wir gemütlich Richtung Bahnhof weiter. Wir kamen erneut an einigen Kirchen vorbei, aber die große Prachtstraße die sonst jede russische Stadt zu bieten hat, blieb hier aus. Allgemein war im Stadtzentrum bis auf die paar Kirchen, Museen und einigen administrativen Gebäuden nicht viel zu bestaunen.

Unser Zug fuhr zu später Stunde, wir verbrachten die restliche Zeit in den schönen Warteräumen im Bahnhof. Dort waren verschiedene geschichtliche Epochen in Gemälden an der Decke verewigt. Das Abendessen gab es in einem Schnell-Buffet. Sehr preiswert und auch lecker. Unser Zug sollte bald eintreffen, wir begaben uns zum Gleis und schauten dem einfahrenden Gespann zu, immer auf der Suche nach der richtigen Waggon-Nummer. Die hält natürlich nie dort, wo man steht und entgegen der üblichen Annahme war der Zug von großen Nummern vorn zu den kleinen hinten sortiert. Der Bahnsteig hier war auch nicht gerad angenehm, entgegen dem in Moskau auf Einstiegshöhe hatte man hier die 1.5 Meter per Leiter zu überwinden.