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Cuiaba | Russland – Südkorea

Der Flug nach Sao Paulo verlief ruhig, ich konnt ein bisschen die Augen zu machen. Obwohl die Fliesen auf dem Boden vom Flughafen in Salvador ziemlich kalt gewesen waren, war es doch ungemein gemütlicher als im Sitzen zu schlafen und einen steifen Hals zu bekommen. Die Landung war ok, aber die 5 minütige Fahrt nach selbiger zum Gate war eine üble Zumutung, am frühen Morgen die verschlafenen Fluggäste in einem klapprigen Bus zu kutschieren, unglaublich. Das freie WLan im Flughafen GRU sollte uns von weiterem SChlaf fern halten, sowie die Wartezeit auf den Anschlussflug nach Cuiaba recht erträglich machen. Hier liefen bereits einige Russen umher, die das Spiel wohl etwas sehnsüchtiger erwarteten als wir. Jedenfalls machten sie einen recht beschäftigt-hektischen Eindruck. Das Gebäude füllte sich allmählich, während wir uns die besten Sitzplätze bereits gesichert hatten.

Das Publikum im Flugzeug nach Cuiaba war eine gute Mischung aus Russen, Koreanern und sonstigem. Wie üblich fingen die Russen bei der Landung mit dem Klatschen an, das ist so typisch für die! Scheinbar spricht das Geklatsche nicht für die Qualität des Flugs. GOL hatte zwar etwas mehr Beinfreiheit zu bieten aber insgesamt war der Flug ziemlich unruhig. Das Flair des modernen Flughafengebaudes in Cuiaba wusste dagegen zu überzeugen.Hier war alles hell gehalten, eine schöne Lagerhalle mit paar Info-Ständen und Fresstheken. Deutlich einladender als das Kabuff in Sao Paulo, doch leider kein WLan for free.

Zwei von uns machten sich auf die Suche nach einer Unterkunft. Das dauerte entsprechend. Der andre klärte die Lage mit bewährt mobilem Internet ebenfalls in der näheren Umgebung und ich genoß die Ruhe und passte auf die Sachen auf.

Wir fanden ein verfügbares Hotel in der Nähe des Flughafens. Auch ein Supermarkt war nicht weit. Direkt vor dem Parkplatz des Flughafens gab es eine futuristisch anmutende Haltestelle für eine Straßenbahn. Sehr weit waren aber die Bauarbeiten noch nicht gekommen, die Haltestelle selbst war so ziemlich fertig aber die Gleise endeten in beiden Richtungen jeweils nach etwa einem Kilometer und heute wurde daran auch nicht weiter gebaut. Schließlich war Spieltag für Brasilien.

Unsere Spielpaarung hieß Russland gegen Südkorea. Der örtliche Linienbus brachte uns bis zur abgesperrten Zone um das Stadion. Die eigentliche Stadt lag noch ein ganzes Stück weiter entfernt. Das Stadion lag auf einer kleinen Anhöhe und wir waren auch viel zu früh da. Sonderlich viel Sightseeing war hier nicht drin, bis auf ein paar Kanäle und Straßen gabs hier um die Spielstätte auch nichts zu sehen. Entsprechend wenig Publikum war zu dieser Zeit hier auch unterwegs. Den wenigen heranströmenden Zuschauern versuchten wir unsre überzähligen Tickets schmackhaft zu machen. Zunächst wollte aber niemand unsre tollen Schnäppchen haben. Das änderte sich aber bald, als ein paar Russen in unserer Nähe das gleiche mit ihren wesentlich höherwertigen Karten versuchten. Nachdem wir alle unsere Schätze an die bedürftigen Personen gebracht hatten, ging es rein in die Hütte.

Das Stadion war recht interessant. Alle Tribünen waren vollkommen eigenständig aufgebaut und sogar die Träger an den Ecken waren von den Tribünen daneben komplett getrennt. Auf der Gegengerade versammelten sich die Blöcke der parteiischen Anhänger. Russen links, Koreaner rechts. Dazwischen und auf den anderen Rängen war sehr gemischtes Publikum anwesend. Die Stimmung bzw. Anteile daran entsprach dem Spielverlauf. Das Spiel war zwar nicht ganz so schlecht wie ein Bundesligaspiel einer Damenmannschaft, aber eine normale Zweitligapartie in Deutschland hat sportlich mehr zu bieten. Während nach dem Spiel die Leute noch etwas rumstreunerten, lief ich noch ein bisschen für Fotos umher. Anschließend trafen wir auf einer Zufahrtsstraße noch ein paar bekannte deutsche Gesichter und die Gespräche vertieften sich in die Aufarbeitung von Sym-/Antipathien, Leistung und Gegenleistung, sowie der bisherigen Erfahrungen. Hauptsache die Luft war angenehm lauwarm und es gab ein paar kühle Brahma.

Morgen ist spielfrei für uns und ein Ausflug in den Pantanal-Park war per Mietwagen geplant. Vielleicht bekäme ich ja ein bisschen Gelegenheit mal wieder an meinen Fahrkünsten zu arbeiten.

Salvador | Deutschland – Portugal

Am nächsten Morgen hab ich es mir beim Frühstück erstmal bequem gemacht und das Eintreffen der Reisegruppe erwartet. Diese mussten und wollten mal wieder eine Dusche erleben. Danach haben wir noch wen vom Flughafen abgeholt und sind wir einem relativ günstigen Privat-Großraum-Gefährt zur Stadt gefahren. Salvador de Bahia lag ja schließlich noch gute 20km weit weg. Unter einer der Brücken stand dann schonmal Militärpolizei, gut bewaffnet. Nicht schlecht, was man nicht alles zur Sicherung von Gästen auffahren lässt. Der Aufmarsch auch von nur 6 Leuten bei 25°C in voller Montur mit Panzerung und griffbereiter Vollautomatik als erster Eindruck wusste jedenfalls zu überzeugen.

Die Neubauten in Salvador sehen schon ziemlich gut bewohnbar und modern aus, hübsche Hochäuser. Zur Überquerung der großen Straßen gibts große Fußgängerbrücken, die über lange Rampen behindertengerecht zu erreichen sind. Hauptsächliches Fortbewegungsmittel scheint aber dennoch das Auto oder der Bus zu sein.

Je dichter der Verkehr in Richtung Innenstadt wurde, desto belebter wurde auch der Straßenhandel. Kaltes Wasser, vorrangiug brasilianische Fähnchen, dies konnte man alles leicht durchs Autofenster kaufen. Den Rest des Weges, etwa 1km abgesperrte Straße, mussten wir zu Fuß laufen. Sicherheitstechnisch war man hier durch starke Polizeipräsenz bestens betreut.

Das Stadion selbst ist eine moderne Arena, ohne besondere Merkmale. Wenn man genug Bilder geschossen hat, ist eigentlich alles erzählt. Vorrangig in grünen Sitzschalen gehalten und mit den bunten WM-Banden beschmückt, lag es insgesammt in einem Tal inmitten einer Wohngegend. Schwer vorstellbar, dass hier bei einem nationalen Liga-Fußballspiel über eine komplette Saison mal wirklich voll sein würde. Die üblichen Fress- und Verkaufsstände wie bei allen großen Turnieren waren auch vorhanden. Außerhalb war von den geräumten und abgerissenen Häusern nichts übrig, dennoch lag es auf der Hand dass es diesseits des Hang mal Wohnraum gegeben haben muss. Auf der anderen Seite, gegenüber der Schnellstraße, waren recht herunter gekommene Betonbauten und Flachhäuser, einige Straßenjungen schauten von dort oben den herbeiströmenden Menschenmassen zu.

Heute gab es erstaunlich viel deutsche Präsenz im Zuschauerbereich, gefühlt doppelt so viel wie in Südafrika beim ersten Gruppenspiel. Der portugiesische Anhang saß versammelt auf Höhe der Eckfahne neben der scheinbar notdürftig fertig gewordenen Hintertortribüne. Vielleicht 1000 in rot gekleidete Fans, von denen aber niemand per Fahne präsent war. Die deutsche Seite war hervorragend beflaggt – gegenüber den Portugiesen an der anderen Ecke war zweifelsfrei der deutsche Block zu erkennen. Supportbemühungen waren durchgängig nur vom deutschen Sektor spürbar. Direkt hinter dem Tor eine gute Mischung aus weiß und Brasi-gelb.

Nach dem Spiel machte die Gruppe noch das übliche Programm mit dem Rumstreunern, genug Zeit also, mich noch mit der neuen Umgebung etwas vertraut zu machen und wenns auch nur das Schnuppern südamerikanischer Luft ist. Als sich wieder alle gesammelt hatten, liefen wir zu Fuß zum Hotel in der Stadt um die Klamotten der anderen abzuholen. Unterwegs ging es noch an Ständen mal was kurzes Essen. Ich nahm, was Piroggen ähnelte, einmal mit Hühnchen, einmal mit Fleisch. Für einen Unterwegs-Imbiß gar nicht mal schlecht. Der Spritzer Tabasco brachte die entsprechende Würze hinein. War auch relativ günstig. So würde es sich hier wunderbar 5 Wochen aushalten lassen.

Die anschließende Busfahrt kann man als kulturelles Highlight bezeichnen. Fahrpreis ist nicht der Rede wert, aber ähnlich beeindruckend ist das Erlebnis wie eine Busfahrt in Marokko (als weißer Europäer) zu bewerten. Mit einfachsten Mitteln unter Einheimischen unterwegs zu sein, die einen für reich halten, irgendwie hat das was. Die Fahrt ging größtenteils an der Atlantikkünste entlang, wobei es zunehmend dunkler wurde. Die Straßen schienen aber gut beleuchtet zu sein.

So setzte sich die lange Fahrt auch weiter fort. Am Flughafen stiegen wir aus und mischten uns im Food Court unters Volk. Dort versammelten sich andere Leute aller Nationen, vorrangig Deutsche, Brasilianer und Portugiesen. Hier lief das Spiel USA-Ghana auf großer Leinwand. Wir schlugen derweil die Zeit bis zum Einstieg in unser Flugzeug mit ein paar Bier tot und notierten den Sieg der USA über die Mannschaft aus Ghana.

Endlich geht es los.

In nur noch 6 Stunden geht meine Maschine in Richtung Südamerika in die Luft. Meine Reisegruppe ist schon dort, wissen bereits das worauf ich noch warte. Wie es dort ist, wie läuft das Leben da. Südamerika, noch ein Kontinent mehr bereist. Ich bin schon ziemlich aufgeregt. Die Vorfreude hielt sich bis jetzt etwas in Grenzen. Vielleicht hab ich mich etwas zu sehr vom Anti-WM-Genörgle anstecken lassen oder auch nur zu sehr nerven. Aber all das wird in wenigen Stunden Schall und Rauch sein. Kein public-viewing oder toller Grillabend mit Bier in der Hand und Fußball im Fernseher kann den echten Besuch bei einem großen Fußballturnier ersetzen. Diskussionen über Themen, die tausende beschäftigen – das ist dort, wo der echte Ball rollt, scheißegal. Die ganzen Gutmenschen, die per Internet über Ungerechtigkeiten in Brasilien diskutieren oder solche, die sich über das Event-Publikum echauffieren und absolut unfähig sind, die Vergewaltigung “ihres Sports” durch die großen Verbände unkommentiert zu lassen.. naja, egal. Wer 17 Spieltage lang “fahrt erstmal auswärts” plärrt, der wird wissen, was ich jetzt sagen damit will.. nur nicht diejenigen, die trotz dieser hohen Ideale einer WM fern bleiben.

Am Flughafen Frankfurt war zwar alles ziemlich weitläufig, aber dennoch gut zu finden. Check-In und Gepäckabgabe gingen zügig vonstatten. Der Flieger hob eine halbe Stunde nach ausgeschriebener Abflugzeit aber laut Durchsage immernoch planmäßig ab. Bereits am Gate zeichnete sich eine hohe Beteiligung an Fluggästen mit Fußballhintergrund ab, denn die Deutschland-Trikots konnte man unmöglich übersehen. Nach gemütlichem Start und ruhigem Flug fing knapp eine halbe Stunde nach dem Essen im afrikanischen Luftraum der Kartenhandel an aufzublühen. Nach den ersten Durchsagen und Hinweisen in welcher Reihe man noch Tickets für vorrangig deutsche Spiele erwerben konnte, entwickelte sich an Bord ein relativ offener “Ticketzweitmarkt”, Eintrittskarten und Euronoten wechselten lebendig die Besitzer. Top-Angebote waren unter anderem 2mal Spiel um Platz 3 sowie der Knaller Bosnien gegen Iran. Im Prinzip zu diesem Zeitpunkt schon eine lebedigere Suche-Biete-Wechselwirkung als alles, was ich in Südafrika erlebt hatte.

Schon vor dem Abflug beschäftigte mich die Frage, wie ich wohl zum Hotel kommen mag. Die Buchung habe ich mir bei HRS bestätigen lassen, also war die Unterkunft im Vorort von Salvador gesichert. Anreisemöglichkeiten gab es per Bus oder Taxi, jeweils laut google-maps von rund 25km. Eine Entscheidung darüber würde vermutlich damit zusammenhängen, wie gut die Busse gekenntzeichnet sein und wie vertrauenswürdig die Taxifahrer aussehen würden. Und außerdem noch, wie schnell das mit der Einreise geht.

Die Formalitäten zur Einreise scheinen recht locker zu sein. Einreisekarte mit grundsätzlichen Angaben wie Name, Passnummer, Herkunft, Flugnummer, easy. Genau so leicht war es dann auch die tatsächliche Einreise. Pass und Karte wurden rübergereicht, Stempel auf die Karte, obrigado!

Beim Gepäck haben sich die Auslader etwas Zeit gelassen. Sind ja auch ganz besonders wichtige Personen, ohne die an einem Flughafen überhaupt nichts voran geht. Solche Aufgaben wollen gewissenhaft erfüllt werden. Nach einiger Zeit rollte dann auch endlich mein Rucksack-Reisetaschen-Hybrid heran, der mir von nunan ausschließlich als Handgepäck dienen sollte. Außerhalb der Transitzone wurde schnell noch der Geldautomat für etwas Bares bemüht und schon ging es hinaus.

Das Taxigeschäft brummt überall auf der Welt. Auch in Brasilien ist das organisierteste Geschäft der Welt bestens zu erkennen. In Reih und Glied stehen die motorisierten Vierräder bereit um zahlende Kundschaft möglichst umwegig oder staulastig von A nach Z zu bringen, je nachdem auf welcher Basis der Taxameter arbeitet. Mein Taxi hatte kein erkennbares, der Fahrer zog es vor, mich per Festpreis zum Hotel zu gondeln. Er ahnte wohl schon, dass er und seine Artgenossen mit so einer Art bei mir in Mißgunst fallen würden und dass ich bei jeder Gelegenheit nun andere Verkehrsmittel suchen würde. Wie eigentlich in Deutschland auch immer.

Am Hotel waren Sprache und Kultur die größten Hürden für den Check-In. Die Unterkunft war zwar preiswert aber für etwas weniger Kosten hätte ich auch noch auf etwas mehr Komfort verzichtet. Kurz vor Sonnenuntergang schlich ich einwenig in der Nachbarschaft umher auf der Suche nach einem Supermarkt. Ziemlich schummrige Gegend, das Hotel lag direkt neben einem Kanal an einer Straße die zu einer Kreuzung mit einer noch größeren Straße führte. Die wenigen Leute auf der Straße waren wohl auf dem Heimweg. Vorn an der Kreuzung schien etwas mehr Betrieb zu sein und da wo es Leute hinzog, ist es meist auch sicher. An einem Sonntag-Abend hatte natürlich nichts mehr offen. Die Haltestelle für den Bus hatte ich aber bei dieser Gelegenheit entdeckt, da war eigentlich am meisten los. Gut zu wissen, vielleicht würd ich die ja noch brauchen.