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Olympiakos Piräus – FC Bayern München

Seit der Auslosung der Champions League Gruppenphase und der Terminierung freute ich mich auf dieses Spiel. Zum einen, weil es super in die noch verbliebene Urlaubsplanung passt. Zum zweiten, weil es dank eines Tagesfliegers nur einen Urlaubstag braucht. Und zum dritten, weil die Paarung etwas neues und besonderes ist. Hintergrund ist, dass der FC Bayern München seit Jahrzehnten nicht mehr gegen eine griechische Mannschaft in einem Pflichtspiel antreten auswärts musste. Diese Historie führte zu verschiedensten Gerüchten und Verschwörungstheorien. Ich muss zugeben, dass ich noch nicht lange genug zu Spielen fahre, um die lange Leidensfähigkeit der älteren Fans und die Sehnsucht nach einem Spiel in Griechenland zu verstehen. Heute war es jedenfalls angerichtet.

Mein Weg führte mich morgens ab acht Uhr zum Flughafen München, von wo aus der Flieger nach Athen abheben sollte. Bereits am Check-In konnte ich einige erwartete Gesichter entdecken und ein bisschen quatschen.  An der Sicherheitskontrolle ließ sich das arbeitende Volk heute scheinbar ein paar Minuten extra viel Zeit, aber den letzten Aufruf erreichten wir noch. In dezenter Entfernung zum Gate standen auch zwei Beamte in grün. Sehr gut, dass bereits hier ordentlich auf uns aufgepasst wurde. Unser Flieger rollte pünktlich vom Gate los. Den optischen Teil der Sicherheitseinweisung gabs nur auf dem Monitor, sehr schade. Eine halbe Stunde nach Start floß bereits einiges an Bier, es gab Otterkringer für nur 2€ die 0.3ler Dose. Ein durchaus fairer Preis. Ein insgesamt sehr angenehmer Flug mit nur zwei Stunden und wir kamen am Flughafen von Athen an, nachdem der Pilot zunächst eine Runde über die Stadt gedreht hatte. Unmittelbar nach Ausstieg fand sich der Großteil der Mitreisenden an den bereitgestellten Shuttle-Bussen ein. Da mir googlemaps navigator eine Fahrzeit von einer Stunde mit den öffentlichen, aber nur dreißig Minuten auf der Straße anzeigte, entschied ich mich, das Angebot ebenfalls anzunehmen. Bei gemütlicher griechischer Klimper-Gitarrenmusik rollte der Bus in Richtung Innenstadt.  Wir konnten noch einen kurzen Blick auf die Akropolis erhaschen, bevor an einer Kreuzung abgebogen wurde und der Bus wenig später am ersten Olympiastadion der Neuzeit hielt. Hier war auch der offizielle Treffpunkt der Bayern-Fans und später die Abreise der Shuttle-Busse zum heutigen Spielort.  Die Zeit war schon recht vorangeschritten, also suchte ich mir von dort ein Taxi und ließ mich zum Omonia-Platz chauffieren. Die Fahrt kostete gar nicht mal viel, nur vier Euro für etwas mehr als drei Kilometer. Gefällt.

Dort angekommen, kontaktierte ich einen Freund, der ebenfalls Bayernfan und Geocacher ist. Wir wollten ja schließlich heute ein paar Caches machen. Direkt am Omonia-Platz galt es sofort, die erste Dose zu finden. Ziemlich eklig war die Ecke wo das Hinweisbild drauf deutete und es brauchte einiges an Überwindung. Mit etwas umhergucken wurden wir aber schnell fündig. Anschließend zogen wir durch die Straßen in Richtung des Parlamentsgebäudes und erledigten unterwegs noch zwei, drei leichtere Geocaches. Unser weiterer Weg führte uns dann erst in einen Park zu einem sehr alten virtuellen Cache und später wieder in die Stadt durch ein paar nette Straßen mit kleinen Cafés. War wirklich schön hier, enge helle Gassen, alles sauber und mit dem Flair einer Kleinstadt.

Wir erreichten bald den Gang hinauf zum Akropolis-Hügel, der Weg ging komplett einmal an der Absperrung entlang, wo wir noch einen Cache fanden und wenige hundert Meter später den Eingang erreichten. Zwölf Euro wollten sie haben, aber gut, anders kriegt man ja sonst kein Geld von Touristen. Für mich eine gute Gelegenheit, den Fünziger loszuwerden. Der weitere Weg nach oben war nichtmal wirklich steil, nur mäßig anstrengend. Schon bald konnte man das Pantheon sehen und es war auch nicht mehr weit, um einige gute Fotos zu machen, sowohl von der Akropolis selbst, wie auch vom Panorama über die Stadt. Wir genossen noch ein wenig die Aussicht und steuerten dann den Hauptausgang an.

Der dort in der Nähe befindliche Cache war erneut schnell gefunden, sowie zwei weitere. Am Earthcache haben wir etwas Zeit verloren, weil die Aufgabenstellung zunächst nicht ganz klar war. Ein weiterer relativ ereignisloser Spaziergang wieder hinein in die Stadt brachte uns zu einer Einkaufsstraße mit kleineren Läden. Ein Red-Shop, Olympiakos Fanshop, war hier auffällig. Eigentlich wars nur etwas Neugier, die mich mal reingucken ließ, aber dann hing dort ein T-Shirt mit der heutigen Spielpaarung auf dem Bügel und das wollte einfach mit genommen werden. Mal rein unwahrscheinlich angenommen, der FC Bayern würde die nächsten 10 Jahre genauso konsequent nicht in Griechenland spielen wie die letzten 32 Jahre, so würde ich mich schon sehr ärgern, dieses T-Shirt nicht erworben zu haben. Andererseits kann man mit einem Spielpaarungs-T-Shirt für 22€ sus einer so tollen Stadt auch nichts falsch machen. Gegenüber gab es einen “Ultras”-Laden, auch hier schauten wir mal rein, aber diesmal wirklich nur aus Neugier. Die Ware war für uns normale Fußballfans nicht sehr einladend aber dennoch recht interessant. Allerhand Kaputzenpuller mit einem Ultra-Sprech, aber außer St.Pauli und Totenkopf gab es kein anderes Produkt, was für einen konkreten Verein stand. Leicht amüsiert liefen wir die Straße weitere 50 Meter um festzustellen, dass dort noch ein Ultra-Laden gibt. Scheinbar gibts hier für jeden Block einen. Wir passierten wenige kleinere Läden und fanden an der Ecke einen Imbiss, wo man sogar an mehreren kleinen Tischen Platz nehmen, aber trotzdem noch das Geschehen draußen und die Passanten beobachten konnte. Hier setzten wir uns erstmal und genehmigten uns eine Art Pita zusammen mit Bier. Für 6 bzw. 7 Euro konnte man nicht meckern, zumindest wurden wir satt. Alea iactae sunt, bereits als wir die Aussicht von der Akropolis genossen war beim Blick auf die Uhr klar, dass wir nicht mit den vom FC Bayern bereitgestellten Shuttle-Bussen fahren würden. Also genauso klar, dass wir von hier aus die U-Bahn erstmal in Richtung Stadion nehmen würden und je nach Lage früher oder später dann aussteigen. Mit zweieinhalb Stunden bis Spielbeginn setzten wir uns erstmal in die Richtung der U-Bahn-Station, wo wir auch dort den Geocache nicht ohne Log liegen ließen. An der Station war so ziemlich gar nichts los, also wirklich kein Mensch außer uns. War nicht gerade eine klassische Untergrund-Bahn, eher so halb-unterirdisch, quasi tiefer gelegt aber oben-ohne. So wie manche Teile der Tube in London. Wir steigen ein und ernteten erstmal einwenig Aufmerksamkeit der anwesenden Fahrgäste. Es gab zwar keinen Sitzplatz mehr, aber genug Platz zu stehen und andere Leute standen auch im Waggon. Die nächsten Stationen stiegen unterwegs einige aus, fast niemand zu, nichtmal im Ansatz vergleichbar wie München. Jede Menge Platz zum Atmen und kein Kuschelzwang.

Da sich die Situation also entgegen medialer und Ankündigungen von Vereinsseite nicht lebensbedrohlich zuspitzte, fuhren wir wie die paar anderen Fahrgäste durch. Direkt an der Station vor dem Stadion angekommen, änderte sich das Umgebungsbild schlagartig. Hier war alles rot-weiß gestreift. Vorteilhaft für regelmäßige Besucher, denn das Stadion lag direkt rechterhand neben dem Bahnhof. Der Bahnsteig leerte sich recht schnell. Es standen, gingen ein paar Olympiakos Fans umher, auf der Brücke zum Stadion rüber standen ein paar Uniformierte Polizisten und es gab zwei Verkaufsstände mit Fanartikeln. Unterhalb an einer Straße dampften links und rechts des Wegs einige Futterstände, daneben gabs abermals Fanartikel zu kaufen. Wir liefen genau dort hinunter um mal zu schauen, ob es dort einen Weg in den direkt dahinter liegenden Gästebereich gibt. Das war leider eine Sackgasse, hier führte nur die eine Straße ins angrenzende Wohngebiet, nicht unser Ziel. Da auf der andren Seite der Metro-Station noch ein Geocache gemacht werden wollte, liefen wir dorthin. Gemacht erledigt. Danach stellte sich die Frage, wie in den Gästeblock kommen.

Es half alles nichts. Wir mussten einmal ums Stadion auf der andren Seite herum, also den längeren Weg. Auf dieser Seite hintertor außen stand noch ein Bierverkäufer. Ziemlich ungewöhnlich für ein von der UEFA ausgerichtetes Spiel dass man in unmittelbarer Nähe Alkohol kaufen kann. Zur großen Freude holte der nette Verkäufer gleich zwei Dosen aus einem Eimer mit Eis, sehr geil, eiskaltes Bier. Dann liefen wir los über einen gut gefüllten Stadionumlauf. Überall gabs diese Stände, wo man sich eine Pita hätte einpacken lassen können. Frischer Salat, Würstchen-Spieße, auch das Grillzeug sah super lecker aus. In Richtung der gegenüberliegenden Hintertorkurve wurde das rumstehende Volk zusehens ultralastiger. Sowohl viele Olympiakos, wie auch einige T-Shirts mit den Symbolen von Roter Stern waren erkennbar. Bestimmt und normalen Schrittes aber nicht übereilig bahnten wir uns den Weg weiter gen Parkplatz, den wir dann durch einen Durchgang im Zaun betraten und zielstrebig den Eingang zum abgesperrten Bereich ansteuerten. Um hinein zu gelangen mussten wir nur die Eintrittskarten vorzeigen und die Frage nach Bayern München bejahen.  Bis hierher wäre dem Sicherheitskonzept also nur anzulasten, dass man nicht direkt von der Metro zum Gästeblock gehen kann sondern an zwei Heimkurven ind der Gegengerade vorbei musste. Andererseits müssten ja auch bei nationalen Spielen die Gäste irgendwie ankommen. Ob der Panathinaikos-Anhänger wohl auch Metro fährt? Als Gästfan erkennbar zu sein ist dort natürlich weniger vorteilhaft, aber ab Parkplatz wieder sinnvoll um rein zu kommen. Außen herum waren die großen Polizeibusse geparkt, drin nur die Shuttle-Busse. Hier war nichts mehr zu sehen von Imbiß-Ständen und Fanartikel-Verkäufern sowieso nicht. Am Ende war es dann doch ein relativ sicheres Gefühl, hier angekommen zu sein. Aber im Rückblick haben wir auch nichts falsch gemacht, mit der U-Bahn anzureisen.

Wir unterhielten uns noch ein paar Minuten und dann sollte es hinein gehen. Ein ganz kleines bisschen war ich aber schon nervös zwecks der Personalisierung der Tickets. Das legte sich schnell nach der ersten Kontrollreihe. Die kontrollierten nur die Hosentaschen und wollten die Blocknummer wissen, damit man zum richtigen Drehkreuz geschickt wurd. Als dort die grüne Lampe leuchtete, war sämtliche Anspannung die nicht mit dem Fußballspiel zu tun hatte, dahin. Es ging eine Treppe rauf, durch das Tor zwischen den Blöcken und siehe da, mein Kumpel, gerade noch durchs andre Drehkreuz durch und die andre Treppe rauf, schon standen wir wieder nebeneinander. Hm, soweit dazu.

Auch hier standen wir noch einwenig umher und redeten mit bekannten. Es war ziemlich ruhig geworden im Innenraum und vor dem Eingang zu Block 26 stand sehr viel Uniformiertes Personal mit Helm und allem drum und dran. Auch Sanitäter waren kurz drauf zu sehen und versammelten sich an der Brüstung hinter dem Block. Ein paar blutende Leute bekamen Kopfverbände angelegt, einer sogar eine Halskrause. Ein Fan mit Turban lief genervt an uns vorbei, ein Sanitäter wollte in hinaus begleiten aber er lief mit einem seitlich vollgebluteter Kopfbedeckung nur so hinter dem Gästeblock umher. Der andere mit der Halskrause wurde auf einer Trage davon gefahren, er würde wohl heute vom Spiel nichts mehr sehen. Direkt vor dem Block schien es komplett angesperrt zu sein, jedenfalls ging keiner rein und es kam keiner raus. Einige Fans diskutierten dort mit offiziellen vom Verein und Polizisten. Sonst gabs von der Situation nicht mehr zu sehen.Wir suchten derweil den Eingang zum Block 27 auf. Dort war es etwa nur halbvoll und einen Platz zu finden war auch nicht schwer. So konnten wir einen ersten Einblick vom Innenraum sammeln und die Aufwärmübungen der Mannschaften beobachten. Bis auf eine kleine Unterbrechnung kurz vor Anpfiff blieben wir das komplette Spiel dort. Nach Abpfiff gabs die übliche Blocksperre. Danach wurden wir mit den bereitstehenden Bussen zum Flughafen gebracht.

Fotos zu dieser Karte
Altes Olympiastadion( #1 )( #2 )
Ausgrabungen( #1 )( #2 )
Blick über Athen( #1 )( #2 )( #3 )( #4 )( #5 )
Akropolis-Hügel( #1 )( #2 )
Stadion-Umlauf( #1 )( #2 )( #3 )( #4 )

Abreise

Wir hatten abends nicht viel Zeit zum Feiern, mussten den Tag scnell beenden. Am nächsten Morgen nahm ich den Petropolis-Bus zum Busbahnhof (1 Stunde Fahrzeit) für nur 2.80 R$ und von dort den Bus nach rio für 16€. Meine Fahrt führte mich abermals nach Umstiegen zum Flughafen, von wo ich die Heimreise antrat.

Wenn die Mannschaft schon in Berlin gefeert werden würde, wäre ich noch im Flieger über dem Atlantik, weit weg vom üblichen WM-Puclic-Viewig-Vor-Ort-Boykott-Zirkus. Ich brauche keine Fanmeile als Anlass, den Fußball zu lieben. Egal welche sinnlosen Facetten er an Menschen anzieht, Erfolge bringen sie leider mit sich. Auch wenn wir verloren hätten, diese Reise war jeden Cent, jede Sekunde vom Urlaubskonto wert.

Rio de Janeiro | Deutschland – Argentinien

Heute war es soweit. Es war angerichtet, der große Tag war da. Die Band stand bereit, die Instrumente waren geputzt, es musste nur noch zum großen Tanz gebeten werden. Nunja, ganz so leicht war es dann doch nicht. Zwischen die Eurphorie legte sich auch immer mal wieder die Sorge, was passiert wenn. Verlieren wäre nicht tragisch, aber dennoch muss man doch endlich mal diesem Fluch des ewigen Zweiten, Dritten ablegen. Die “goldene Generation” wie sie oft genannt wurde, musste doch mal endlich die Krone bekommen. Wir sind einfach dran!

Nervosität hatte sich schon längst breit gemacht und paarte sich mit Anspannung. Wir rollten durch Itaipava, die Serpentien, trotz der Autogeräusche, absolute Stille. Es war in diesen Momenten alles gesagt oder nichts weiter hinzuzufügen. Wie relativ die Wahrnehmung der Zeit ist, merkt man wohl erst in solchen Augenlicken. Endlosigkeit schien sich zwischen uns und Rio auszubreiten.

Zielstrebig erreichten wir die Abholstelle für unsere Tickets und fanden einen Halteplatz in direkter Entfernung zum Hoteleingang. Von dort fuhren wir auch direkt weiter zum Maracana. Die Straße von unserem viertelfinalparkplatz war diesmal abgesperrt. Allgemein lief heute einiges anders als an den anderen Spieltagen. Die Sicherheitsapparate waren deutlich mehr aufgerüstet worden. Man hatte sogar Teile der Armee zur Sicherung der Straßen vom stadion und anderen Zufahrten herangezogen. Einen Menschen mit Hirn und einwenig Fußballsachverstand mag es fragwürdig erscheinen, wozu man einen Armeejeep mit aufgebocktem MG wohl heute gebrauchten könnte, aber schließlich ist das hier immernoch ein anderes Land. Vom Parkplatz weg führte und der Weg vorbei an Straßen-Cafes, Tankstellen, einiger Absperrungen, gepanzerten Fahrzeugen und Militärpolizisten mit Pumpguns und Nebel-Tränengaswerfern. Also normaler Bundesliga-Auswärts-Alltag wenn gerade mal wieder irgendwo Wahlkampf ist und sich der Herr des Innenministeriums noch etwas profilieren muss.

Dort, an einer der Absperrungen turnte der Obdachlose Deutsche herum, den wir zum Frankreich-Spiel schon auf dem Polizeirevier gesehen hatten. Er versuchte Leute dazu zu bringen, mitgenommen zu werden, durch Schmuggeln mit Eintrittskarten. Offenbar war sein Problem mit der Aufenthaltserlaubnis entweder erledigt oder gerade nicht so wichtig. Es war Finale, wer kann es ihm verdenken?

Wir bahnten uns unseren Weg durch die ersten Kontrollen, während man bei anderen Spielen nach mit irgendwelchen Tickets dort vorbeigekommen wäre: Heute wollten es die absperrenden Polizisten und allerhand anderer FIFA-Lakaien ganz genau wissen. So langsam machte sich die Anspannung dann auch in einigen Muskelfunktionen bemerkbar, ein leichtes Zittern an den Fingerspitzen war nun mein ständiger Begleiter. Der Weg bis zum stadioneingang schien schier endlos, man konnte das Kribbeln spüren und der Blick auf andere Menschen intensivierte sich, die sich dort am Eingang versammelten. Deutsche, Argentinier, Brasis, Brasis in deutschen Trikots. Immer öfter hörte man Gesänge, das einhellige Argentinier-Lied zum Beispiel, dann mal wieder was von den Brasis als Konter und n bisschen Schland-Schland hier und da.

die Abschlusszeremonie lief schon, aber ich streunerte noch einwenig umher. Das ganze Spektakel fand wie in einer weit entfernten Welt statt. Es müssen schon komische Fußballfans sein, die sich jetzt so einen Zirkus geben. Nichtmal das Stadionbier, mein erstes wirklich bezahltes Bier innerhalb eines Stadions während dieses Turniers käuflich erworbene Plörre worrte so richtig schmecken. Gefühlt die Hälfte davon schüttete ich in einen Mülleimer, da wollte einfach nicht mehr runter gehen. Ich traf mich noch mit verschiedenen Leuten, deren Aufenthalt mir beim Fußball immer sehr angenehm ist. Auch wenn wir Spiele dieser WM von unterschiedlichen Positionen aus geschaut haben, so ist es doch etwas anderes, eine vertraute Seele anwesend zu wissen, die da irgendwo genauso mitfiebert, feiert, leidet, hofft und bangt, als wenn es alles nur fremde Menschen wären. Während wir uns unterhielten, lief uns sogar zufällig unser alter Chemie-Lehrer aus der Schule über den Weg, wie klein die welt doch ist.

Voller Stolz und Zuversicht wurde zum Start des Spiels erneut das Lied der Deutschen gesungen, anschließend lauschten wir dem Klang der argentinischen Hymne. Der Anpfif war eine Art Befreiung, ähnlich wie bei einem Fallschirmsprung oder beim Bungee, pures Adrenalin, ab jetzt tickte die Uhr rückwärts.

In diesem Fußballspiel erlebten wir alle Arten emotionaler Extreme. Das zum Glück anerkannte Abseits beim Argentinientor brachte erstmal einen riesigen Schock, denn zu diesem Zeitpunkt wäre dieser Treffer nicht unverdient gewesen. Das Spiel wurde zunehmend zäher und meine erhofften schnellen zwei Tore erfüllten sich nicht. Dafr aber schienen die Deutschen ab der Halbzeit das Spiel komplett unter Kontrolle zu haben, die Argentinier im Sack, aber ein Tor fehlte vergebens. Bereits zu Ende der regulären Spielzeit pfiffen die Gauchos aus den letzten Löchern und bei jedem Foul sprang die komplette deutsche Bank auf, unglaublich dieser Siegeswille. Dann endlich versenkte Götze die Pille, Ekstase pur. Ein Traum, was für ein Torjubel!

Die verbleibenden Minuten wurden runtergespielt, ständig zwischen Hoffnung und Bangen dass die Mannschaft konzentriert dran blieb. Nach einer endlos nachgespielten Nachspielzeit dann der erlösende Abpfiff!

Und was leider folgte, die ein vielen anderen Stadien schon erlebt, Events, Partymusik dröhnte aus den Lautsprechern dieser für mich hässlichen Arena. Jeder Versuch des Deutschen Blocks, die Zeremonie fußballgerecht zu feiern, wurde in lauter Ballermann-Manie erstickt. Einzig bei “Tage wie dieser” bewies der Medienregisseur etwas Weitsicht und drehte runter. Obwohl ich dieses Lied überhaupt nicht abkann, nahm ich dies als Abschluss eines sportlich großartigen Abends wohlwollend hin und sang mit.. Und kein Ende in Sicht!