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21. August | Donghae -> Andong

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Nach dem ersten Kulturschock am Vortag war heute Ausgeschlafen angesagt, ausgecheckt wurde dann pünktlich kurz vor zwölf. Eine Übersetzungs-App half uns dann dem, wie könnte es anders sein, nicht-englisch-verstehendem Menschen an der Rezeption klar zu machen, dass er mal für ein paar Stunden aufs Gepäck aufpasst während er eh Fernsehen schaut und vermutlich auch keine andren Kunden zu bedienen hat. Die Fremden wollten nämlich mal baden gehen.

Ein kurzer Spaziergang von nur 10 Minuten brachte uns zum nahegelegenen Strand. Hinter der Bahnlinie gelegen, war der überraschenderweise sehr sauber und zu dieser Uhrzeit wenig besucht. Die Sonne hat dann auch noch ein bisschen an Kraft zugelegt. Ab und zu kamen mal ein paar Koreaner vorbei aber fast keiner ging wirklich ins Wasser. Als wir dann schon fast gegangen waren, hat sich ein Päärchen samt Klamotten, Schwimmreifen und -weste ins Wasser getraut. Der weibliche Teil des Paars war sowieso die beste und hatte offenbar keine Angst, dass ihr Smartphone in der wasserdichten Plastikhülle kaputt gehen würde. Irre, diese Koreaner. Hauptsache volle Klamotten und Schwimmwesten an und das in einem Wasser, wo man normalerweise noch stehen kann.

Nach Abholen der Klamotten aus dem Hotel kehrten wir bei einem Café ein, wo aber der Hunger nicht gestillt werden konnte. Erst der Besuch in einer 24/7 Küche an der Hauptstraße brachte die erhoffte Sättigung. Was solls, die gleiche Sprachbarriere gabs ja auch da, aber dafür ungemein günstiger im Vergleich. Gefuttert, satt. Und die Oma mit ihrer Küche hat sich die Kohlen auch verdient.

Zum Bahnhof per Taxi gefahren, warteten wir auf den Zug. Lieber mal paar Minuten früher da sein und sehen, wie das hier läuft. An öffentlichen Gebäuden, sowieso überall scheint es Wasser heiß und kalt aus so Spendern zu geben. Die gibts ja beim DM auch. Vermutlich ist DM deshalb noch am Markt da, während die Schleckerfrauen einpacken mussten. Ich mag Länder und Städte wo es immer und überall was kostenlos zu tinken gibt, und wenns nur Wasser ist. In Zürich gibts das auch an jeder Ecke, macht unheimlich sympathisch.

Unser Zug nach Andong war leicht verspätet. Nachdem der nette Bahnhofswärter dann die Absperrung vom Ausgang zum Bahndamm freigab, durften die Fahrgäste zum Bahnsteig rüber gehen. Nach ein paar Minuten fuhr dann unser Zug ein, in dem sich die Sitze als ziemlich gemütlich herausstellten. Die vorbeiziehende Landschaft war umwerfend, zumindest solang es noch nicht dunkel war. Ein saftig grünes Land, mit Bergen gesättigt und neben vielen Dörfern auch mal ab und zu traditionelle riesige Tempelanlagen. Sobald es dunkel geworden war, konnte man die christliche Prägung des Landes an den leuchteten Kreuzen der vorbeiziehenden Dörfern erkennen.

In Andong kamen wir wieder pünktlich an. Auf der Suche nach dem Hotel kam uns ungefragt aber super freundlich eine nette Koreanerin zu Hilfe, die ein bisschen englisch konnte. Bester Start also für den ersten Eindruck der Stadt.

20. August | Ankunft Donghae

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Im Schlaf hab ich zum Glück nicht mehr so viel Schaukeln vom Wellengang wie am vergangenen Abend gemerkt. Das schummrige Gefühl jedenfalls war weg oder auch die See ruhiger. Vielleicht hat’s auch am Essen gelegen, wer weiß. Das Ostmeer lag ganz ruhig da und aus Angst, die Sonnenblumenkerne bei der Einreise wegschmeißen zu müssen, durften sie als Frühstück herhalten. Zeit genug hatten wir ja dafür, als Ankunftszeit war 12:30 angeschrieben. Also 2 einhalb Stunden nach Plan, muss wohl die Wirkung aus der unsäglich langsamen Passagierabfertigung in Vladivostok sein.

Nachdem der Kahn in einem aufwendigen Anlegemanöver im Hafen von Donghae festgemacht hat, wurde auch schon die schwankende Rampe heruntergelassen, über die das Schiff verlassen werden konnte. Direkt gegenüber vom Schiff ging es in ein flachgebautes Hafenterminal. Sehr schlichtes Design, im Inneren sah es ganz normal wie bei jeder Passkontrolle im Flughafen aus. Ein paar Schalter mit ganz wichtigen Grenzern. Die Einreise war unkompliziert, die Einreisekarte wollten sie sehen und einen Stempel in den Pass, entweder auf eine leere Seite oder neben dem eines befreundeten Landes. Danach hab ich die Nüsse durch die Zollkontrolle getragen, der gelangweilte Zöllner hat dort nur die Zettel entgegen genommen und geschaut, dass man die Kreuze an der richtigen Stelle gemacht hat. Wir steuerten die Touristen-Information am Ausgang an um rauszufinden wie man jetzt hier irgendwo hin kommt, wo Menschen sind. Die gute Frau war ziemlich schlecht mit ihrem Englisch unterwegs und versuchte uns den Weg zur Busstation zu erklären. Nach ein paar Handzeichen zum Verständnis und dem Wort Building war die Richtung halbwegs klar.

Noch ein bisschen Bargeld vom Automaten um die Ecke gezogen, der, wie könnte es anders sein, Gebühr berechnet hat, fanden wir nach kurzem Gehweg auch die besagte Straßenkreuzung mit den Bushaltestellen. Bockheiß war’s da, lustig aussehende Bäume gab’s am Straßenrand, die man in Europa nur in speziellen Baumschulen als Züchtung findet und jedes noch so kleine Fleckchen Land hinterm Zaun wurde für den Gemüseanbau hergenommen. So, nachdem dann der erste Bus an unserer Haltestelle ohne Halte vorüber fuhr, und der Fahrer des nächsten dort haltenden Busses uns fast hinaus warf, fanden wir an der anderen Haltestelle und dem dritten Bus zum Glück einen freundlichen Fahrer der uns nicht nur bis in die Stadt mitnahm, bis fast 200 Meter vors Hotel sondern auch das Geld annahm.

Wie irgendwie schon heimlich erwartet, konnte die Oma an der Rezeption von unsrem Hotel kein Englisch, rückte aber den Schlüssel schnell raus nachdem sie verstanden hat, welche Reservierungsnummer wir hatten. Die Erforschung der näheren Umgebung zeigte einen 7eleven Markt und wir wanderten entlang der Hauptstraße bis zum Intercity-Bus-Terminal. Unterwegs gab es noch einen Imbiss mit Bestellen indem man auf Bilder zeigte. Effizient und schnell.

Am Busbahnhof konnte zur ausbleibenden Überraschung auch gar keine Bedienung kein Englisch, aber mit Hilfe von einem Umherstehenden, der sich bemüht und hilfsbereit zeigte, bekamen wir zumindest mal die Fahrzeiten der Züge nach Andong. Also galt es nur noch einen Weg zum Bahnhof zu finden, der auf der anderen Seite der Stadt lag. Wir nahmen einen Bus, zahlten irgendwas und fuhren zumindest mal in die grobe Richtung. Relativ. Also der blöde Bus bog dann an einer größeren Kreuzung einfach mal falsch ab und wir wechselten die Buslinie. Wiederum noch relativ näher dran am Bahnhof liefen wir dann zu Fuß weiter. Ein 2km-Marsch vorbei an zwei Schulen, wo die Schüler auf Englisch grüßten aber sonst nix mit uns anfangen konnten. Zumindest mein Telefon mit Offline-Karte zeigte sich heute zuverlässig und navigierte uns treu zur Donghae-Station. Am Bahnhof angekommen konnten wir 2 Tickets für einen vergleichbaren Spottpreis nach Andong für den nächsten Tag erwerben.

Zurück in der Stadt haben wir dann ein Taxi zum Hotel genommen, nachdem die hier nicht feilschen sondern nach Taxameter fahren. Ein Schnäppchen. Abends war die erneute Suche nach einem Geldautomat nochmal witzig geworden. Der Laden gegenüber nannte sich (irgendwas mit) Tourist Hotel. Die Frage nach einem ATM schien der Hotelwirt zu verstehen und schickte uns durch die Tür, eine halbe Treppe rauf. Dort draußen standen wir dann auf dem Parkplatz des Hauses. Irre Typen haben die hier, hilfsbereit aber unglaublich nutzlos. Erinnert mich an andere Lebensbereiche, wo Leute null verstehen aber Hauptsache irgendwas antworten nur in der wagen Hoffnung, dass es ein Staubkorn weiterhilft. Naja, der nächste Hotelwirt schien absolut ratlos und vermutlich war’s auch gut, ihm den Rücken zu kehren bevor er irgendwas sagen konnte. Einen ATM in der Seitenstraße brachte die benötigte Erlösung in Fragen Bargeld, gegenüber im kleinen Markt hätte es auch einen gegeben.

Abendessen gab es in der Suppenküche, in der gleichen Straße wie von unserem Hotel. Nix mit auf dem Boden sitzen, hier gab’s Stühle und Tische, wie es sich gehört. Die Suppe brodelte noch als sie serviert wurde und hatte die bestellte Schärfe. Drin schwammen allerhand Zutaten, worüber man sich lieber keine Gedanken macht. Scharf wie sau, aber eben wie bestellt.

19. August | Abfahrt Vladivostok

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Morgens kehrten wir ins Schokoladnitza ein. Es gab für eine lange Zeit die letzten Blini und Zyrniki. Erstere waren Weltklasse, mit flüssiger Schokolade gefüllt, herrlich. Die Bedienung hat sich leider mit der Leistung nicht so ganz daran anschließen können, sondern hat sich just in dem Moment minutenlang in der Küche versteckt wo wir die Rechnung haben wollten. Dafür gabs nur minimales Trinkgeld, Kunden warten lassen geht ja mal gar nicht.

Zwecks Vodkakauf schauten wir noch ein einem nahegelegenen Supermarkt rein und wurden zügig fündig. Smirnow mit kyrillischem Etikett, vermutlich nicht ganz so gut wie Stolichnaya aber die Flasche machte optisch schon einiges her und vom Geschmack lassen wir uns mal irgendwann überraschen. Im Hostel war schon fast alles abreisebereit, so quetschten wir noch die letzten Klamotten in die Rucksäcke und checkten aus.

Am Hafenterminal, dem “Meeresbahnhof”, war heute viel Getümmmel. Allerhand japanisches und koreanisches Volk war unterwegs. Wir bahnten uns den Weg zum bekannten CheckIn-Schalter und wurden wortlos von der russischen Tippse abgefertigt. Die Hafengebühr gabs dann zur Kontrolle nochmal auf einem kleinen Zettel vorgelegt, die sie und passenden Scheinen und Münzen von uns bekam. Anschließend durften wir vor der großen schweren Tür nebenan auf den Einlass zum Boarding, der Zoll- und Passkontrolle warten.

Nachdem dann die Hafenbediensteten endlich ihren Mittagstisch geräumt und an die Arbeit zurückgekehrt sind, wurde der Stolz der Seewegsgrenzkontrolle dann endlich auch für normalsterbliche geöffnet und allerhand Passagiere drängelten sich, um auch ja die ersten zu sein. Wir sind dann mit der zweiten Charge durchgeschlüpft und unten in einem Durchgang wurden dann nochmal von dergleichen Tippse und ihrem koreanischen Kollegen die Bordkarten gegen Pässe gecheckt. Dahinter im Raum war Zolldurchleuchte verstärkt von einem großen stinkenden Hund mit Schlabberohren der mittels Schnauze dann an jedem Gepäckstück einmal schnuppern durfte. Die anschließende Passkontrolle war dagegen wieder regulärer Spaß. Stempel aufs Visum und einmal Durchgeblättert. Länder ihr mal in der Schule hattet, einmal zum Staunen dass jemand den Weg zu euch gefunden hat. Tschüssi.

Auf der Fähre haben wir nach Abladen der Klamotten in der Kajüte eine der raren Sitzbänke an Deck ergattert und bestaunten zum vermutlich letzten Mal für eine lange Zeit den Hafenblick von Vladivostok. Direkt im Blickfeld lag die Golden Horn Brücke und ein paar Frachter zogen ihrer Wege hinaus ins Meer. Es dauerte eine ganze Weile bis unser Kahn dann auch endlich mal loslegte. War ja auch kein Wunder, dass wir nicht pünktlich starten konnten. Wenn man 350 Passagiere durch die Zoll- und Grenzkontrolle bringen muss und erst 45 Minuten vor planmäßiger Abfahrt mit einer planwirtschaftsmäßigen Mentalität an die Sache rangeht, dann lernt man die Erfindung der Uhr zusammen mit fortschreitender Globalisierung und Verbreitung der Leistungsgesellschaft vielleicht auch hier in einigen Jahren zu verfluchen. Fast 40 Minuten über der Zeit bequemte sich dann die kolossige Fähre vom Hafenanleger ebenfalls hinaus auf See. Leider passierten wir die Russkjy Brücke nicht direkt, sondern die Fährroute rechts ab wurde eingeschlagen. Daher konnten wir von dieser riesigen Brücke nur ein paar entfernte Bilder machen.

Abends haben wir uns dann doch ein Essen im Restaurant der Fähre gegönnt. Bezahlt wurde der Pauschalpreis mit Kreditkarte, weil sie bei der einzigen Umtauschmöglichkeit an der Information tatsächlich einen Kurs von $2 zu 1.500 WON abgerufen haben. Bei einem offiziellen Kurz von $1 zu 1.100 WON schien mir das Angebot aber etwas unfair zu sein bzw. war uns den $100-Schein nicht wert. Das Futter gabs vom Buffet, die Auswahl von geschmacksneutral bis extrem scharf war vertreten, dazu wahlweise keinen bis sehr viel Reis. Sehr lecker, muss man schon sagen. Das Getränkeangebot war auf einen einzigen Saft beschränkt und bei Nachfrage wurde man auf die Bar außerhalb des Restaurants verwiesen. Clevere Abzocker san’s also auch noch. Oder wissen dass da viel reingeht in einen Menschen und die meisten Restaurants mit all-you-can-eat und hungrigen Kunden eher weniger Gewinn machen.

Fast pünktlich um 21 Uhr lief am B-Deck laute Musik und es wurde aufgegrillt. Das Fleisch sah super lecker aus, wenn wir paar tausend WON gehabt hätten und noch etwas Platz im ohnehin etwas geschunkelten Magen, aber so wurde aus dem Spaß leider nix. Ein Bierchen wurde sich noch für Plastikgeld a-la VISA genönnt und dann war aber Feierabend. Die See war etwas rauer geworden und viel hätte auch nicht mehr in den Magen gepasst.