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31. Juli | Ekaterienburg #2

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Nach der kalten Dusche auch in der Früh und vorherigem Warten darauf, dass die abreisenden chinesischen Mitbewohner das Badezimmer freigeben, räumten wir die Klamotten zusammen und verließen das Hostel ohne das im Preis inbegriffene Frühstück.

Heute probierten wir die Metro aus. Für einen unschlagbaren Preis von nur 23 Rubel pro Jeton versorgten wir uns am Kassenschalter mit den Metallteilen, die laut Prägung der Moskauer U-Bahn nun eine weitere Verwendung fanden. Die Metro fuhr hier nur im Fünf-Minuten-Takt und war erstaunlich leer im Vergleich mit der in der Hauptstadt. Nach zwei Stationen waren wir schon am Bahnhof und gaben die großen Rucksäcke nach etwas Hickhack mit dem außen angebrachten Schuhen bei der Gepäckaufbewahrung ab.

Ein kleiner Spaziergang stand an. Drei Stationen fuhren wir wieder mit der Metro zurück in die andere Richtung und stiegen an der Geologizheskaya gegenüber vom örtlichen Zirkus aus. Unser Spaziergang führte uns durch den Park am Fluß bis zum Prospekt Lenin. Nach Besuch der Kirche dort und einem Halt beim Scholokadnitza wanderten wir gemütlich Richtung Bahnhof weiter. Wir kamen erneut an einigen Kirchen vorbei, aber die große Prachtstraße die sonst jede russische Stadt zu bieten hat, blieb hier aus. Allgemein war im Stadtzentrum bis auf die paar Kirchen, Museen und einigen administrativen Gebäuden nicht viel zu bestaunen.

Unser Zug fuhr zu später Stunde, wir verbrachten die restliche Zeit in den schönen Warteräumen im Bahnhof. Dort waren verschiedene geschichtliche Epochen in Gemälden an der Decke verewigt. Das Abendessen gab es in einem Schnell-Buffet. Sehr preiswert und auch lecker. Unser Zug sollte bald eintreffen, wir begaben uns zum Gleis und schauten dem einfahrenden Gespann zu, immer auf der Suche nach der richtigen Waggon-Nummer. Die hält natürlich nie dort, wo man steht und entgegen der üblichen Annahme war der Zug von großen Nummern vorn zu den kleinen hinten sortiert. Der Bahnsteig hier war auch nicht gerad angenehm, entgegen dem in Moskau auf Einstiegshöhe hatte man hier die 1.5 Meter per Leiter zu überwinden.

30. Juli | Ekaterienburg #1

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Der Zug fuhr noch bis nachmittags durch die bewaldete Landschaft. Vorbei ging es an vielen Dörfern und meistens menschenleeren Gegenden. Der einzig größere Halt war Perm, wo der Zug auch den dortigen Fluss per Brücke überquerte. Gegen vier Uhr passierten wir den eurasischen Obelisken beim Kilometerstein 1777. Ein kurzer Blick und zwei Fotos blieben Zeit, schon waren wir auf dem asiatischen Kontinent.

Etwa eine Stunde später machten wir auch schon in Ekaterienburg Halt. Es war ein sonniger Tag mit viel trockener Luft. Viele Leute stiegen hier mit uns aus. Wir suchten uns den Weg aus dem Bahnhof hinaus und standen eine Zeit auf dem Bahnhofsvorplatz, wir uns einen Vertreter meiner Lieblingsspezies Taxifahrer suchten und nach kurzem Gespräch einen Preis für den Weg zum Hotel ausgehandelt hatten. Interessanterweise fehlte in diesem offiziellen Taxi wiedermal das Taxameter und nach einiger Suche am Zielort hatte der Fahrer dann auch per Telefon unser Hostel gefunden und uns dorthin gebracht. Dort fragte dann unser Gastgeber bei Sichtung des Taxis direkt nach, was uns die Fahrt gekostet habe und ich holte mir eine gesalzene Ladung an russischen Beleidigungen ab. Der korrekte Preis wäre wohl nur ein Viertel des gezahlten Preises gewesen, nun ja.

Die Unterkunft war zwar spartanisch, aber nicht unhübsch. Ein Handtuch und einen Bademantel fand man pro Bettseite in einem kleinen Zimmer, alles aber komplett neu und sauber. Es wurde darauf geachtet, dass man direkt an der Tür die Schuhe zur Pflege des Laminatbodens auch auszog. Die einzige kleine Enttäuschung heute war das fehlende Warmwasser im Badezimmer des Hostel. Bei 27€ für zwei Personen pro Nacht will man aber nicht mit dem Meckern anfangen.

Abends kehrten wir noch in ein sehr nettes, im besonderem Stil der 60er gehaltetes Restaurant ein, wo das Hausbier zwar sehr dünn, dafür aber der Thunfischsalat und die Pelmeni ihren Preis wert waren. Mit vollem Magen ließ es sich dann auch relativ gut schlafen. Die Matraze in dem Hostel war etwas zu weich für meinen Geschmack, aber genügte weitestgehend den Ansprüchen.

Fotos zu dieser Karte
Langläufiger Park( #1 )( #2 )
Bahnhofsgebäude( #1 )( #2 )( #3 )

29. Juli | Moskau – Yekaterienburg

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Heute sollte dann also die Reise richtig starten. Ausgeschlafen und mit einem super Frühstück konnten wir 1.5 Stunden vor Zugabfahrt eine der berühmten Moskauer Sehenswürdigkeiten bewunden: Den tagesüblichen Stau. Wir entschlossen und dann die nächste Metro-Station anzusteuern und mit der U-Bahn zu fahren. Die Fahrt hat etwa 40 Minuten gedauert, aber wir kamen noch rechtzeitig zur Eisenbahn.

Die Waggons sahen von außern nicht gerade sehr einladend aus, aber nach Betreten machte sich bei mir ein angenehmes Gefühl breit. Derlei Platzkartenplätze würden für die nächsten 9 Tausend Kilometer zu einem zweiten Zuhause werden. Da es ohne ein bisschen Stress auch nicht ging, fiel uns 10 Minuten vor der Abfahrt auf, dass wir eine Jacke samt unserem Wohnungsschlüssel bei der Sicherheitskontrolle am Bahnhofseingang haben liegen lassen. Ich durfte also die 500m zum Eingang und wieder zurück rennen. Ein bisschen Luft hatte ich ja noch in Lunge und auf der Uhr als ich wieder kam, ebenfalls alles geschafft.

Eine Minute über der Zeit rollte dann der Zug endlich los gen Osten. Zunächst war das übliche Bild zu sehen: Moskauer Vororte, ans Zentrum per Vorortbahn (Ekeltrischka) angebunden. Nach mehr als einer Stunde erst bekam man richtige Natur und anti-urbane Umgebung zu sehen. Zunächst waren viele Birkenwälder dabei, die sich aber über Stunden immer mehr zu dichterem Laubwald wandelten.

Die üblich, wurden vom Bahnpersonal die Fahrkarten gegen Bettwäsche eingetauscht. Kurz darauf waren schon viele der Betten bezogen und die Leute hielten ihr Nachtmittagsnickerchen. Wir vertrieben uns den Abend mit ein paar Brettspielen, lesen oder einfach nur aus dem Fenster schauen. Gegen 18 Uhr passierten wir nach dem Halt in Nizhniy Novgorod die Wolga. Abends halfen wir noch einem Mann mit seinem MP3-Player aus, der sich unglücklicherweise vor der Fahrt entladen hatte – Gott sei Dank hatte ich aber dieses mobile USB-Ladegerät dabei.

Nach einer gemütichen Ãœbernachtung hielt der Zug am nächsten Morgen gegen 10 (oder 11 – Zeitverschiebung?) Uhr in Perm, wo ein Drittel des Waggonpublikums wechselte. Die meisten waren schon mit dem Frühstücken fertig. Ich Langschläfer hatte natürlich keine Chance noch rechtzeitig zur Toilette zu gelangen um mich zu waschen, sodass ich ungewaschen beim Halt in Perm frühstückte.Während der Halte auf den größeren Bahnhöfen wurden wir aus dem Bordradio mit dem örtlichen Sender konfrontiert. Heute hab es den Klassiker “You’re my Heart, you’re my soul’ zur Unterhaltung. Nach der Abfahrt aus Perm zeigte sich die Landschaft als hügeliges Weideland mit viel Mischwald, mit vorrangig Laub.

Was die Reisebegleitung sagt:

Dem ausladenden Frühstück und das Verstädnis zur Pünktlichkeit der Moskauer verdankten wir etwas Stress am Morgen und Hecktick am Bahnhof. Aufgrund örtlicher Sicherheitsbestimmungen -haha- musste unser sorgsam auf den Rücken geschnalltes Gepäck durch den Scanner.

Ab ans Gleis und staunen. Wenn die Züge von innen genauso ausschauen wie von außen, ja dann Prost mal Zeit. Ich bezweifle das die Züge jemals eine andere Dareichungsform von Wasser als Regen gesehen haben… Nachdem unsere Tickets von der Wagonchefin überprüft wurden, gab es unverständlich nette Worte auf russisch und wir durften passieren.

Innen: Neun Abteile und jeweils sechs Betten. Und erstaunlicherweise: Alles sauber und ordentlich. Natürlich mit Charme des letzten Jahrunderts.  Im Abteil ging es zivilisierter zu als sich das der durchschnitts Europäer vorstellen kann. Kein Wodka oder Biergelage. Keine duftenden Duschverweigerer. Nur normale Russen die, alle, wirklich alle, mit sehr viel Gepäck unterwes waren. Dieses sich zunächst als Problem darstellte. Allerdings ist in so einem Abteil so viel Platz, dass man sogar noch gemütlich während der Fahrt “leben” kann.

Nachdem wir mit einer Minute Verspätung losgefahren waren – ich behaupte immer noch es lag an Reisepartners Kurzstreckensprint zur Bahnhofshalle und zurück – ging es dann schon los. Der Zug rollte und die Russen um uns: packten aus. Und zwar allerlei Essbares. Auf dem ersten Weg zum Klo überall das gleiche Bild.  Nach dem Mahl wurde einträglich rund um ein Mittagsschläfchen gehalten. Mein Gang zum Klo erwies sich das erste mal übrigends als Reinfall. Wie ich später dank meines sprachlich besser begabten Reisepartners erfahren durfte, werden die Toiletten vor und nach jedem Halt erstmal geschlossen. Also warten. Und dann anstellen. Denn die ersten Mitreisenden begaben sich bereits zur Katzenwäsche. Als ich endlich an der Reihe war, war ich über die schmucklose Eleganz dieses stillen und kühlen Örtchens positiv überrascht. Praktisch und den Verhältnissen angepasst würde auch passen. Zunächst erschloss sich mir die Vorrichtung der Klospühlung nicht. Nachdem ich den Hebel nach längerm Suchen gefunden hatte (unter dem Klo ist eine Art Bremspedal) ging es an das allgemeine Wasserproblem. Was stand gleich nochmal im Reiseführer? Vergessen. Reisepartner sagte auch nichts. Der sagt im allgemeinen nichts und amüsiert sich lieber im Nachhinein. Naja. Gut. Handdesinfektionsgel sollte es richten. Musste es auch bis zum nächsten Tag richten, denn Reisepartner wusste auch nicht mehr wie der Wasserhahn zu bedienen ist. Fand ich dann alleine raus.

Während wir uns die Zeit weiter vertrieben wurden wir auf die örtlichen Schmankerl einer netten Verkäuferin informiert. Die allerdings so schnell durch die Gänge raste, dass die Chance etwas käuflich zu erwerben gleich Null sank. Außer man stelle sich ihr in dem engen Gang in den Weg und begab sich damit in Gefahr von einem Spreisewagen samt Kutscherin überrollt zu werden…

Nach einem kargen aber leckeren Abendessen ging püntklich um 22:00 Uhr das Licht aus. Und zwar zunächst komplett, um im Anschluss durch schummeriges Dämmerlich abgelöst zu werden. Begleitet wurde diese Atmosphäre von lautem Zugdonnern und monotonen Schlafgeräuschen der Mitreisenden. Eigendlich ganz romantisch so eine Zugfahrt…

Geweckt wurde ich mitten in der Nacht durch lautstarkes Atmen, in manchen Breitenkreisen als Schnarchen bekannt. Ich konnte aus Erfahrung sagen, dass es sich dabei nicht um meinen Reisegefährten handelte. Das diefe Dröhnen und anschließende nach Luft schnappen kam von einem großen und sehr behäbigen Körper, welcher durch die Zugerossionnen, sich gleich eines Wackelpuddings hin und her bewegte. Nun lag meine Chance das sich dieser weibliche Kollos auf die Seite bewegte um gesünder und vorallem leiser Luft zu holen, gleich Null. Dafür ist so ein Bett in der dritten Klasse einfach zu schmal und der Abstand zur Decke zu gering…

Also Ohropax raus und: naja… fast Ruhe. Kollose schnarchen nun mal sehr laut. Aber in allem ein sehr angenehmer Schlaf =)

Richtig wach wurde ich dann zu den Klängen von Modern Talking, einem geschenkten Ei, Keksen, Orangensaft und bäh… eingemachten Tomaten.

Fotos zu dieser Karte
Yaroslavsky-Bahnhof( #1 )( #2 )
Tracks auf dieser Karte
Zugfahrt Moskau - Ekaterienburg(1630.34 km)